Finnland – das bleibt unter dem Strich festzuhalten – ist gerüstet für die Zukunft. Das Land ist stark, trotz des kleinen Binnenmarktes, der Exportabhängigkeit sowie der Herausforderungen der Globalisierung. Die Politik macht ihre Hausaufgaben und hat die Staatsfinanzen im Griff. Der Lohn: Neben Deutschland und Österreich dürfen sich auch die Finnen über negative Renditen bei Anleiheauktionen freuen.
Dennoch ist die Euro-Begeisterung des Landes längst verflogen. Insbesondere der Vergleich mit den skandinavischen Nachbarn gibt den Finnen zu denken. Schweden etwa verfügt über eine eigene Währung und lässt die Finnen bei Pro-Kopf-Einkommen, Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit hinter sich. Viele Finnen fragen sich, warum sie im Euro bleiben und ihren Wohlstand gen Süden transferieren, wenn es ihren Nachbarn im Norden ohne Euro besser geht. Eine Euro-Rettung um jeden Preis kommt für sie nicht infrage.
Der richtige Umgang mit Finnen
Smalltalk ist in Finnland eher unüblich, wichtig ist es, auf den Punkt zu kommen. Bei Gesprächen geht es ruhig bis reserviert zu. Redeflüsse sind, wie auch Unterbrechungen des Gegenübers, eher unhöflich. Wer das Eis brechen möchte, sollte auf gemeinsames Essen oder Saunagänge setzen und nicht versuchen, das Gegenüber mit flapsigen Sprüchen oder Monologen für sich zu begeistern.
Auch auf Höflichkeitsfloskeln wird nicht allzu viel Wert gelegt. Wer in der Kneipe einfach nur "Olut" - also "Bier" - sagt und sich das "bitte" spart, macht nichts falsch. Dafür wird das Wort Kiitos (danke) sehr häufig verwendet. Beim Beispiel Bier bestellen hieße es in diesem Fall "olut kiitos". Wer von Geschäftspartnern zum Essen oder nur zu einem Spaziergang eingeladen wird, sollte sich auf jeden Fall dafür bedanken.
Händeschütteln ist erlaubt, im privaten Rahmen aber eher unüblich. Bei einer geschäftlichen Begrüßung gehört es dazu, beim Händeschütteln Vor- und Nachnamen zu nennen. Im finnischen gibt es zwar eine Entsprechung für die Anredeform "Sie", im Normalfall duzt man sich aber. Briefe beginnen meistens mit Hei, also Hallo.
Wer zum Geschäftspartner oder Kollegen nach Hause eingeladen wird, sollte an ein kleines Geschenk denken. Blumen und Wein sind in Ordnung, zu protzig sollte es nicht werden. Unangemeldet sollte man bei Finnen - weder privat noch dienstlich - aber nie vor der Tür stehen. Auch nicht mit Gastgeschenken.
Bei geschäftlichen Treffen sind Visitenkarten dringend notwendig. Unternehmen, die international tätig sind, haben diese in der Regel auch in Englisch. Für das Überreichen gibt es keine festen Regeln. Wer seinem Gegenüber weiteres Infomaterial über das eigene Unternehmen zukommen lassen möchte, sollte darauf achten, dass die Inhalte kurz und präzise sind. Geschwafel kommt nicht gut an.
Da Smalltalk in Finnland nicht sonderlich verbreitet ist, überlässt man am besten dem Gegenüber die Wahl der Themen. Für Unterhaltungen jenseits des Geschäftsabschlusses ist es von Vorteil, sich ein wenig mit finnischer Geschichte oder finnischen Prominenten auszukennen. Das erleichtert die Themenwahl. Kritik an Finnland, der dortigen Politik oder Gespräche über Arbeit und Geld sind dagegen eher ungeeignet.
Beim Thema Kleiderordnung gilt ähnlich wie in Deutschland: Männer machen mit Anzug und Krawatte nichts falsch, Frauen sollten Hosenanzug, Kostüm oder Kleid tragen. Jeans und T-Shirt gehören genauso wenig zum Businessoutfit wie in Deutschland. Sollte ein bestimmter Dresscode gefordert sein, wird man auf der Einladung darauf hingewiesen.
"Finnland ist ein überzeugtes Mitglied der Eurozone, und wir glauben daran, dass der Euro Finnland nutzt", sagte Jutta Urpilainen in einem Interview mit dem Finanzblatt "Kauppalehti". Die Finanzministerin machte jedoch deutlich, dass ihre Regierung einer gemeinsamen Haftung für die Schulden und Risiken der Euroländer nicht zustimmen werde. Auch eine Bankenunion mit gemeinsamer Haftung lehnte sie ab. Finnland werde eine "harte Haltung" einnehmen, wenn es um Rettungspläne für die Eurozone geht, sagte Urpilainen. "Wir sind konstruktiv und wollen die Krise lösen, aber nicht um jeden Preis."
Das konsequente Eintreten für die heimischen Steuerzahler und gegen den Euro-Schlendrian, die hohe Aufgeschlossenheit gegenüber technischen Neuerungen, das Bildungssystems und die Innovationsbereitschaft des Landes können auch für Deutschland Vorbildcharakter haben.
Zur verstärkten Zusammenarbeit in der Euro-Politik wäre man in Helsinki jedenfalls bereit. "Finnland ist ein kleines Land und weiß, dass es alleine die Krise nicht lösen kann. Die nationale Regierung hat wenig Einfluss auf Europa und schaut deshalb sehr auf Deutschland", sagt Torsten Pauly.
Bei der Bundesregierung ist das leider anders. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble schauen in der Euro-Krise eher in den Süden, als in den Norden.