Euro-Krise Europas Aufschwung ist mehr Schein als Sein

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Frankreich: Die Grande Nation ist zum kranken Mann Europas geworden

Europawahl-Spitzenkandidaten stellen sich Debatte

Die Kluft zwischen den Arbeitskosten in Frankreich und Deutschland wird kleiner. Bei den Industrie-Arbeitsstunden beträgt der Unterschied nur noch 50 Cent (36,70 Euro gegenüber 36,20 Euro). Die schlechte Nachricht ist: Die Kosten nähern sich an, weil Deutschland wegen des Fachkräftemangels höhere Löhne zahlen muss, während in Frankreich ein Heer von Arbeitslosen um frei werdende Stellen kämpft.

An Letzterem wird sich auch so schnell nichts ändern. Ungeachtet der eingeleiteten Minireformen zur Entlastung der Arbeitgeber – die sich nach dem Willen der Regierung im Gegenzug zur Schaffung neuer Arbeitsplätze verpflichten sollen – dürfte die Erwerbslosenquote in diesem und dem nächsten Jahr wohl bei rund zehn Prozent verharren. Anders als im Rest Europas, wo das Wachstum langsam wieder Fuß fasst, dümpelt Frankreichs Wirtschaft vor sich hin. Die Regierung prognostiziert zwar, dass die Wirtschaft 2014 um ein Prozent wächst, 2015 soll die Rate auf 1,7 Prozent steigen. Experten halten diese Prognose angesichts des Reformstaus, der hohen Abgabenbelastung und der munter steigenden Lohnstückkosten jedoch für unrealistisch.

Ohne eine kräftig wachsende Wirtschaft dürfte es der Regierung aber kaum gelingen, die Neuverschuldung unter das Maastricht-Limit von drei Prozent in Relation zum BIP zu senken. Paris hatte dafür 2013 zwei Jahre mehr Zeit (bis Ende 2015) bekommen. Notwendig wäre eine drastische Senkung der Staatsausgaben, sie wirkte wie ein Befreiungsschlag. Doch der Widerstand in den eigenen Reihen ist beträchtlich, die knappe Zustimmung der Sozialisten im Parlament war jüngst erst gesichert, nachdem die Regierung Zugeständnisse bei der Steuer für niedrige Einkommen versprochen hatte. So geht die EU-Kommission für 2015 von einem Defizit von 3,4 Prozent aus.

Trübe Lage Quelle: IHS Global Insight

Die Regierung hat für die Zielverfehlung bereits einen Schuldigen parat: die Europäische Zentralbank (EZB). Die Frankfurter Währungshüter tun nach Meinung der Sozialisten nicht genug, um den Anstieg des Euro-Wechselkurses zu bremsen und damit die Exporte zu stabilisieren. „Wir brauchen einen deutlichen Wandel, der unsere Geldpolitik zu einem Instrument für Wachstum und Arbeitsplätze macht, ein Instrument, das den Menschen dient“, fordert der neue Premierminister Manuel Valls. Nach der Europawahl plant Präsident François Hollande einen entsprechenden Vorstoß, um die Währungsunion nach dem Geschmack der Franzosen zu beeinflussen.

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