Seit Italien vor drei Jahren in den Sog des Krisenstrudels geraten ist, wechselten sich in Rom vier Regierungen ab. Silvio Berlusconi, Mario Monti, Enrico Letta – und nun Matteo Renzi. Trotz der unterschiedlichen Politikansätze hielten sie an einem Grundsatz fest: Italien muss sich allein aus seiner Notlage befreien – ohne Euro-Rettungsschirm. Die Regierung brachte sogar 43 Milliarden Euro für die Rettung der anderen Krisenländer auf. Das Haushaltsdefizit konnte Italien auf die Marke von drei Prozent vom BIP drücken. Neben Deutschland ist es somit das einzige große Euro-Land, das die Defizitvorgabe des Maastrichter Vertrages erfüllt. Bei nahezu allen anderen ökonomischen Indikatoren sieht es jedoch trübe aus für Bella Italia. Die Wirtschaft wächst kaum, die Schuldenquote beträgt 135 Prozent vom BIP, und in den vergangenen fünf Jahren sind 1,6 Millionen Stellen verloren gegangen. Die Produktivität ist schwach, die Unternehmen verlieren wegen der ungebremst steigenden Lohnstückkosten weiter an Wettbewerbsfähigkeit. Nun droht das Land in puncto Wachstum sogar hinter Spanien, Portugal und Irland zurückzufallen.
Um die Wirtschaft zu beleben, benötigt Italien Reformen: am Arbeitsmarkt, bei der Bürokratie, im Steuersystem, bei der Justiz. Die Hoffnungen ruhen auf Renzi, dem neuen Regierungschef in Rom. Er hat versprochen, das Land aus der Reform-Lethargie zu befreien. „Die Finanzmärkte setzen auf den Erfolg Renzis“, sagt US-Investor George Soros. Doch ob Renzi liefern wird, steht in den Sternen. Seine Vorgänger sind mit ihren Reformplänen fast immer an der übermächtigen Bürokratie gescheitert. Wie viel politischen Spielraum Renzi, der ohne Wählermandat an die Macht kam, besitzt, um Italien auf Reformkurs zu bringen, könnte sich bei der Europawahl entscheiden. Bleibt ein klarer Sieg seiner Mittelinks-Partei PD aus, wird er sich kaum gegen die Reformwiderstände im eigenen Land durchsetzen können.
Portugal: De Finanzmärkte honorieren die Reformbereitschaft
Am vergangenen Samstag lief das dreijährige EU-Hilfsprogramm für Portugal aus, im Rahmen dessen das Land mit Reformauflagen verbundene Kredite von 78 Milliarden Euro erhielt. Die konservative Regierungskoalition in Lissabon hat seit 2011 weitreichende Reformen auf dem Arbeits- und Gütermarkt sowie ein umfangreiches Privatisierungsprogramm umgesetzt. Erfolgreich waren die Portugiesen auch bei der Haushaltssanierung. Die Neuverschuldung sank Ende 2013 auf 4,9 Prozent und damit deutlich unter das von der Troika gesetzte Ziel von 5,5 Prozent des BIPs. Das sollte es Portugal relativ leicht machen, das diesjährige Ziel von vier Prozent zu erreichen, zumal die Regierung ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent erwartet.
Dank verbesserter Wettbewerbsfähigkeit legten die Exporte 2013 um mehr als sechs Prozent zu, schneller als in allen anderen Euro-Ländern. Der Anteil der Ausfuhren am BIP stieg im Zuge der Krise von 29 auf 41 Prozent. Portugal erreichte erstmals seit 1993 einen leichten Überschuss von 0,5 Prozent in der Leistungsbilanz, der in diesem Jahr etwa ein Prozent erreichen dürfte.
Die Märkte honorieren die Fortschritte. Die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen befinden sich auf Talfahrt und lagen zuletzt bei nur noch bei rund 3,5 Prozent. „Zwar ist die Schuldenquote mit 129 Prozent vom BIP extrem hoch. Aber die Kombination eines Wirtschaftswachstums um die zwei Prozent mit einem strukturellen Primärüberschuss von 1,5 bis 2,0 Prozent ist ausreichend, um die Schuldenquote zu stabilisieren“, meint Christian Schulz von der Berenberg Bank.
Risiken birgt indes die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, das in der Vergangenheit mehrfach Sparmaßnahmen der Regierung blockierte. Zudem ist die Lage der Banken nach wie vor labil. Die Analysten von Barclays Capital erwarten, dass die Institute dieses Jahr erneut Verluste schreiben und nach den Bilanzchecks der Europäischen Zentralbank neues Kapital benötigen. „Allerdings werden die 6,4 Milliarden Euro, die noch aus dem Troika-Programm für die Bankensanierung zur Verfügung stehen, mehr als ausreichen, um etwaige staatliche Kapitalspritzen zu finanzieren“, meint Antonio Garcia Pascual, Analyst bei Barclays Capital.