Euro-Krise Target-Salden drängen Deutschland an den Abgrund

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Kann man die Target-Salden eindämmen?

EZB Umbau Quelle: dapd

Alle Möglichkeiten, die Target-Salden zurückzuführen oder wenigstens deren weiteren Anstieg zu verhindern, sind lediglich theoretischer Natur. Ein Weg wäre, die EZB kehrt zu ihrer Vorkrisenpolitik zurück und beendet den unlimitierten Zugriff der Geschäftsbanken auf Zentralbankgeld. Zumindest müsste sie, wie von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann gefordert, die qualitativen Anforderungen an die Sicherheiten ihrer Refinanzierungsgeschäfte verschärfen. Dann würde knappes Zentralbankgeld die Krisenländer zu einem radikalen Abbau ihrer Importüberschüsse zwingen, und in der Folge könnten dann auch die Target-Salden sinken. In der Praxis ist dieses Szenario allerdings wenig wahrscheinlich. Die Südländer haben die EZB längst unter ihre Kontrolle gebracht – und sie verspüren keinerlei Interesse an einer schärferen Gangart in der Geldpolitik.

Ein anderer Weg wäre, die nationalen Notenbanken zu einem jährlichen Ausgleich der Target-Salden zu verpflichten, wie in den USA. Dort müssen die regionalen Notenbanken mit einem negativen Target-Saldo einmal im Jahr US-Staatsanleihen an die regionalen Notenbanken mit positiven Target-Salden übertragen. Allerdings lässt sich das System nicht eins zu eins für Europa übernehmen. Würde die griechische Notenbank ihre Target-Schulden mit Wertpapieren ihrer Regierung tilgen, erhielte die Bundesbank wertlose Griechen-Bonds als Ausgleich für ihre Target-Forderungen. Sie käme vom Regen in die Traufe. Ifo-Chef Sinn schlägt daher vor, die Regierungen der Euro-Zone sollten staatliche Pfandbriefe ausgeben, die nach einheitlichen Kriterien mit Immobilien oder vorrangigen Ansprüchen auf künftige Steuereinnahmen des Emissionslandes besichert sind. Mit diesen werthaltigen Papiere ließen sich die Target-Salden begleichen.

Fraglich ist allerdings, wie die Bundesbank bei einem Scheitern der Währungsunion ihre aus den Papieren resultierenden Ansprüche auf griechische Steuereinnahmen oder Immobilien durchsetzen will, wenn die griechische Regierung sich weigert, die Papiere zu bedienen. Sinn plädiert deshalb dafür, die Pfandbriefe handelbar zu machen. Die Bundesbank könne die Papiere dann verkaufen und sich für den Erlös Gold kaufen. Allerdings dürfte sich nur dann ein Markt für die Papiere bilden, wenn private Investoren eine reelle Chance sehen, die Ansprüche auf griechische Immobilien oder Steuereinnahmen durchzusetzen. Aber auch diese Variante bleibt wohl Utopie. Die Euro-Länder müssten sich auf einen solchen Ausgleichsmechanismus einigen – und das setzt Einstimmigkeit voraus. Dazu kommt: Die Erfahrungen, die Investoren mit dem Versuch gemacht haben, Forderungen gegenüber dem Pleitestaat Argentinien vor internationalen Gerichten einzutreiben, machen allerdings wenig Mut.

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