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Euro-krise Kuba im Mittelmeer

Gleichgewicht des Schreckens: Die Partner setzen Zypern unter Druck und pokern mit dem Crash unserer Währung.

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Diese Regierungen scheiterten
SpanienDie Krise bestimmte maßgeblich den Ausgang der vorgezogenen Parlamentswahl im November 2011. Die konservative Volkspartei (PP) gewann. Die Sozialisten, die das Land mehr als sieben Jahren regiert hatten, erlebten ein Debakel. Der PP-Chef Mariano Rajoy (im Bild) folgte auf den sozialistischen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero. Anfang des Jahres 2013 enthüllte die spanische Tageszeitung einen Fall von Schwarzen Kassen in der PP, der Ministerpräsident Rajoy zu Fall bringen könnte. Quelle: AP
GriechenlandDie Schuldenkrise hat das politische Geschehen der letzten vier Jahre bestimmt. Zwei Regierungschefs sind an ihr zerschellt. Ministerpräsident Giorgios Papandreou von der linken Pasok-Partei gab Ende 2011 auf. Seine Nachfolge trat der parteilose frühere Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, Lucas Papademos, an. Kurze Zeit später gaben die Euro-Finanzminister eine Nothilfe frei, ohne die das Land bald pleite gewesen wäre. Bei der Wahl im Mai 2012 verloren in Athen die Unterstützer des Sparprogramms die Mehrheit. Alle Versuche zur Regierungsbildung scheiterten. Aus der Neuwahl im Juni ging die konservative Partei Nea Dimokratia unter Antonis Samaras als Sieger hervor. Die neue Regierung wird von den Sozialisten der Pasok und der Demokratischen Linken unterstützt. Mittlerweile glaubt Samaras, dass sein Land 2013 die Wende schafft. Quelle: REUTERS
IrlandBei der Parlamentswahl im Februar 2011 wurde die wirtschaftsliberale Regierungspartei Fianna Fail unter Premierminister Brian Cowen abgestraft. Premier wurde Enda Kenny. In der neuen Regierung koaliert die konservative Fine Gael mit der linken Labour-Partei. Mittlerweile will Kenny sein Land 2013 aus dem Rettungsprogramm führen. Quelle: dpa
PortugalDie sozialistische Regierung von José Sócrates wurde angesichts der schweren Wirtschaftskrise im Juni 2011 abgewählt. Aber auch die neue liberal-konservative Regierung unter Ministerpräsident Pedro Passos Coelho steht mächtig unter Druck. Das Land bleibt ein Sorgenkind der Eurozone. Quelle: dpa
ItalienIm November 2011 trat Silvio Berlusconi zurück. Lange hatte sich der Regierungschef auch mit knappen Mehrheiten im Parlament halten und alle Skandale überstehen können. Doch der massive Druck der Finanzmärkte und Absetzbewegungen im eigenen Lager ließen ihm schließlich keine Wahl mehr. Der frühere EU-Kommissar Mario Monti führte die Übergangsregierung an, bis er im Dezember 2012 zurücktrat und den Weg für Wahlen freimachte. Nachdem das Wahlergebnis eine Patt-Situation hervorgebracht hat, steht Italien möglicherweise wieder vor Neuwahlen. Quelle: dpa
Slowakei Die christlich-liberale Premierministerin Iveta Radicova (im Bild) verknüpfte die erste Parlamentsabstimmung im Oktober 2011 über eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF mit der Vertrauensfrage - und verlor. Im März 2012 gewann die Partei Smer-Sozialdemokratie mit Robert Fico klar die vorgezogene Parlamentswahl. Seit April 2012 ist Fico Ministerpräsident. In seiner ersten Regierungserklärung forderte der neue Premierminister strenge Haushaltsdisziplin. Quelle: dpa
SlowenienSeit Februar 2012 ist eine Mitte-Rechts-Regierung unter Janez Jansa (im Bild, Karikatur auf dem Protestschild) im Amt. Die vorige Regierung stürzte, weil sie die rasant steigende Verschuldung nicht eindämmen konnte. Slowenien muss die explodierenden Kosten im Staatshaushalt und in den Sozialsystemen unter Kontrolle bringen. Der Sparkurs treibt die Menschen auf die Straße, die EU geht davon aus, dass das kleine Land einen Hilfsantrag stellen wird. Dass es zu Neuwahlen kommt, ist nicht ausgeschlossen: Der Juniorpartner hat mittlerweile wegen Korruptionsvorwürfen gegen Jansa die Regierung verlassen. Quelle: REUTERS

Es war einer dieser sehr seltenen Termine, bei denen der Politikalltag fern scheint. Am vergangenen Dienstag reisten sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nach Rom, um der Amtseinführung von Papst Franziskus beizuwohnen. Unter freiem Himmel erlebten sie die Zeremonie, anschließend wurden sie vom neuen Pontifex im Petersdom empfangen. Doch sie hatten den Prachtbau noch nicht verlassen, da waren die Protestantin Merkel und der Katholik Barroso schon in die Frage der Schuld verwickelt. Wer denn nun für das Fiasko bei der Zypern-Rettung verantwortlich sei, diskutierten die beiden. Keiner war bereit, ein Fehlverhalten einzugestehen.

Merkel und Barroso waren vergangene Woche nicht die Einzigen, die sich von dem fatalen Beschluss der Euro-Gruppe distanzierten, erstmals Sparguthaben unter 100 000 Euro anzutasten, die bisher als gesichert galten. Die 17 Finanzminister der Euro-Zone, die nach zehnstündigen Beratungen in der Nacht vom 15. auf den 16. März ihre Entscheidung einstimmig getroffen hatten, relativierten ihren Beschluss zwei Tage später in einer Telefonkonferenz. Ein absolutes Novum in der an Pannen bisher wahrlich nicht armen Euro-Rettung.

Mit den Wirren um die winzige Volkswirtschaft Zypern, die gerade einmal 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Euro-Zone ausmacht, hat die Euro-Krise eine neue Qualität erreicht. Indem die Euro-Gruppe bereit war, den Anlegerschutz aufzugeben, hat sie das Vertrauen in die Gemeinschaftswährung nachhaltig geschädigt und Beliebigkeit als Politikstil etabliert. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy spricht von einer „hochgradig schädlichen“ Situation für die EU. Wobei die politische Ansteckungsgefahr womöglich noch größer ist als die wirtschaftliche.

Die ist allerdings groß genug. Seit Monaten hatten einflussreiche Berater in Brüssel davor gewarnt, auf zypriotische Sparguthaben zuzugreifen, weil sie befürchteten, dass Sparer in Ländern wie Spanien, Portugal und Italien ihre Bankguthaben leer räumen würden. Ein Run auf die Banken hätte für die Euro-Zone fatale Folgen. Die Experten der internationalen Consultancy Oxford Economics halten eine Kreditklemme für wahrscheinlich, die das BIP der Euro-Zone um drei Prozent schrumpfen ließe. Die Modelle der Ökonomen zeigen, dass 300 Milliarden an Wertschöpfung ausradiert würden – um im Gegenzug rund sechs Milliarden Euro für die Zypern-Rettung zu sichern.

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