Endlich wieder gute Nachrichten: Nach über zwei Jahren ist die Wirtschaft im dritten Quartal 2013 erstmals wieder gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt legte um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu. Die längste Rezession Spaniens seit dem Ende der Franco-Diktatur (1939 bis 1975) ist damit beendet. Gleichzeitig kann das Land aus dem europäischen Rettungsprogramm aussteigen, dass für die Sanierung der Banken gebraucht wurde. „Todo bien?“ Ist damit wieder alles gut im Euro-Krisenland?
Keine Frage: Es gibt vermehrt Anzeichen dafür, dass Spanien das Schlimmste überstanden haben könnte. So legen die Exporte zu, ausländische Investoren kaufen Anteile an spanischen Unternehmen und auch an den Anleihemärkten genießt das Urlaubsland neues Vertrauen. Ende Oktober sind die Renditen für spanische Staatsanleihen erstmals seit Monaten wieder unter die Marke von 4,0 Prozent gefallen. Und: Die Ratingagentur Fitch droht Madrid nicht länger mit einer Abstufung. Der Ausblick der Kreditbewertung wurde von „negativ“ auf „stabil“ angehoben.
So bewerteten wir Spanien 2012
Rajoy hat eine stabile Mehrheit im Parlament, doch der Druck von der Straße ist groß. Gewerkschaften und Arbeiter machen gegen seinen Sparkurs mobil, das Baskenland und Katalonien wollen sich abspalten.
Note: 3-
Eine Bonuszahlung für die Anstellung junger Leute, eine Lockerung des Kündigungsschutzes und weniger Tarifverträge: Rajoy hat Reformen angestoßen. Doch oft sind sie nicht entschieden genug. So müssen Zeitverträge nach zwei Jahren in volle Stellen umbesetzt werden, Abfindungen bleiben hoch.
Note: 4
Spanien wird 2012 wohl mit einem Haushaltsminus von acht Prozent des BIPs abschließen. Auch 2013 sieht die Prognose ein kräftiges Minus voraus (6,0 Prozent). Die Sparmaßnahmen sind weitgehend Kosmetik.
Note: 5
Spanien bleibt ein Sorgenkind. Premier Rajoy muss in Zukunft deutlich mehr sparen als 2012 und auch unliebsame Reformen gegen die Gewerkschaften durchführen. Gelingt das nicht, braucht Spanien 2013 Hilfe von außen – nicht nur für seine Banken.
Note: 4-
Dennoch: Die Krise ist noch lange nicht vorbei, sagt etwa Clemens Fuest, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). „Der Optimismus, der momentan vielerorts ventiliert wird, ist übertrieben.“ So habe der Rettungsschirm der EZB zum Sinken der Risikoaufschläge der Staatsanleihen geführt. „Mit einer Marktbewertung hat das nichts zu tun“, so Fuest über die Situation in Spanien. „Im spanischen Bankensystem liegen faule Kredite im Volumen von vielen Milliarden Euro, und auch die Arbeitslosigkeit ist immer noch extrem hoch.“
In der Tat ist von einer Erholung auf dem Arbeitsmarkt nichts zu sehen. Im Gegenteil: Die Lage hat sich 2013 weiter verschlechtert. Die Arbeitslosigkeit stieg von 25 auf 27 Prozent. Von den jungen Leuten zwischen 16 und 24 Jahren sind in Spanien 57,4 Prozent ohne Job. Das sind fünf Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Die OECD geht davon aus, dass die Arbeitslosenquote 2014 ihren Höhepunkt erreichen wird.
Auch die Staatsverschuldung steigt weiter. Bis Ende 2014 soll sie auf 99,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen sein. Das sind rund 1,05 Billionen Euro. Erst ab 2016 rechnet Spanien mit einem Rückgang der Staatsverschuldung.
Spaniens Abschlusszeugnis 2013
Der Widerstand gegen die Einsparungen ist groß. Im November stapelte sich in der Hauptstadt Madrid der Müll, als Mitarbeiter der Stadtreinigung wegen Kürzungen streikten. Im gleichen Monat gingen Zehntausende wegen einer Schulreform auf die Straße. Auch im neuen Jahr ist keine Entspannung in Sicht. Katalonien etwa plant für 2014 einen Volksentscheid über die Unabhängigkeit, den der spanische Ministerpräsident Rajoy ablehnt.
Note: 4+
Spanien bekommt den Haushalt nicht in den Griff. Eine Finanzreform muss her. Zudem müssen die (arbeitslosen) jungen Menschen besser geschult werden, um in Arbeit zu kommen. Ansonsten hat die Regierung viel getan, um den Arbeitsmarkt neu aufzustellen: Kurzarbeit wurde eingeführt, temporäre Lohnkürzungen und Stundenkonten erlauben den Unternehmen flexibler zu agieren. Die Liberalisierung ließ zunächst die Arbeitskosten sinken. Zwischen dem ersten Quartal 2012 und dem ersten Quartal 2013 sanken die Lohnstückkosten laut OECD um 3,2 Prozent, mehr als in jedem anderen entwickelten Land. Auch eine Rentenreform wurde im September beschlossen.
Note: 2-
Mit einer Rentenreform und der Verschlankung des Staatsapparats sind erste wichtige Schritte eingeleitet. Doch es braucht mehr, um die hohen Haushaltsdefizite zu drücken. Die Regierung hofft auf steigende Steuereinnahmen bei anziehender Konjunktur. Das Kalkül dürfte nicht aufgehen. 2013 liegt der Haushalt 6,8 Prozent im Minus, auch 2014 und 2015 stehen ähnliche Zahlen im Raum (-5,9 bzw. -6,6 Prozent). So ist der Anstieg der Staatsverschuldung nicht zu stoppen.
Note: 4
Die Wirtschaft scheint langsam wieder auf die Beine zu kommen, auch bei der Sanierung der Banken hat Spanien Erfolge vorzuweisen. Dank der Arbeitsmarkreform sind die Voraussetzungen geschaffen, dass das Land wieder wachsen kann. Doch das braucht Zeit. Fraglich, ob Rajoy diese bekommt. Und: Auch die Finanzlage des Staates ist zunehmend prekär. Die Schulden steigen so stark wie in kaum einem anderen Euro-Land.
Note: 3
Erste Löcher sollen mit höheren Steuereinnahmen gestoppt werden. Aus den Haushaltplänen des Landes, den Spanien in Brüssel vorgelegt hat, rechnet man unter anderem durch die Anpassung der Renten 2014 mit Einsparungen von 800 Millionen Euro pro Jahr. Zudem sollen durch Reformen der öffentlichen Verwaltung bis 2015 rund 37,7 Milliarden Euro eingespart werden.