Euro-Krise Wann knickt der Euro ein?

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Wie wirkt ein schwacher Euro auf die Euro-Zone?

Euro Quelle: dpa

Im Unterschied zu Deutschland, das vor allem hoch spezialisierte High-Tech-Güter exportiert, verkaufen die übrigen Mitgliedsländer der Euro-Zone vor allem Massenprodukte ins Ausland und stehen damit auf dem Weltmarkt in einem harten Preiswettbewerb. Nur wenn die Unternehmen große Mengen absetzen, können sie aufgrund der geringen Margen auf den internationalen Märkten bestehen.

Bereits kleine Preisunterschiede entscheiden darüber, ob die Unternehmen für ihre Waren viele oder keine Abnehmer finden. Sie würden deshalb von einer Verbilligung ihrer Güter durch eine Euro-Abwertung stark profitieren. Die Konsumenten würden zwar aufgrund der gestiegenen Importpreise eine höhere Teuerungsrate verkraften müssen, doch die gestiegene Kapazitätsauslastung in der Exportbranche würde die Beschäftigung und damit auch die Einkommen erhöhen. Steigende Exporte und preisbedingt sinkende Importe von Lieferanten außerhalb der Euro-Zone würden zudem die Leistungsbilanzdefizite von Ländern wie Portugal und Griechenland mindern und verhindern, dass diese Länder dauerhaft über ihre Verhältnisse leben. Unter dem Strich wären die kurzfristigen Effekte für fast alle Volkswirtschaften der Euro-Zone deshalb positiv.

Doch langfristig ist ein schwacher Euro Gift für die Währungsunion. Der Wechselkursvorteil übertüncht die eigentlich fehlende Wettbewerbsfähigkeit der Mehrheit der Mitglieder der Euro-Zone. Die Lohnstückkosten sind zu hoch, die Produktivität zu niedrig. Die Länder müssten sich, neben der Produktion von Massenwaren, auf weniger preisempfindliche und hochwertige Güter spezialisieren. Doch das braucht Zeit und kostet. Ein schwacher Euro würde es für die Unternehmen attraktiv machen, weiterhin auf Massenware zu setzen. Aber was noch schlimmer ist: Er würde den Druck von der Politik nehmen, schmerzhafte und dringend notwendige Reformen anzupacken. Doch diese sind dringend erforderlich, um die Wettbewerbsfähigkeit der Peripherieländer zu erhöhen und deren Wirtschaft auf ein solides Fundament zu stellen. Nur so können die südländischen Staaten langfristig gegenüber den Nordländern aufholen und die Ungleichgewichte innerhalb der Währungsunion abgebaut werden. Ansonsten kann die Währungsunion in ihrer jetzigen Form nicht fortbestehen und droht zu scheitern. Andreas Freytag von der Universität Jena warnt deshalb: „Gerade jetzt wäre eine Abwertung des Euro für die Währungsunion am ungünstigsten.“

Fazit: Kurzfristig wäre eine Abwertung des Euro für die Krisenländer ein Segen, doch langfristig für die gesamte Währungsunion ein Nachteil.

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