Euro-Pleitekandidat Slowenien steht sich selbst im Weg

Seite 2/5

Das Volk schaute lange weg

"In Slowenien gibt es fast keinen Politiker, dem nicht nirgendwo nachgesagt wird, korrupt zu sein. Das war den Bürgern egal, solange das Volk gut verdiente, ein neues Auto fahren konnte und erfolgreichen Fußball und Basketball schauen konnte", sagt Klaus Schuster, ehemaliger Bank-Vorstand und erfolgreicher Managementbuch-Autor, der 2006 sein Beratungsunternehmen in Ljubljana gründete und dem er heute vorsteht. "Doch diese Zeiten sind vorbei."

Die Ratingagentur Moody's senkte Anfang August die Kreditwürdigkeit Sloweniens gleich um drei Stufen. Jetzt steht das Euro-Land nur noch zwei Stufen über dem "Ramsch"-Status. Auch Standard & Poor's und Fitch halten Slowenien nur noch für einen zweifelhaften Schuldner. Die Folge: Inzwischen muss das Land über sieben Prozent Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen berappen. Slowenien gilt als ernsthafter Kandidat für den Euro-Rettungsschirm – auch, weil politischer Stillstand die Republik lähmt.

Die Schulden steigen rasant. Sloweniens Haushaltsdefizit

Die Opposition im Lande hat eine Volksabstimmung über den Aufbau einer Bad Bank sowie eines Staatsfonds beantragt, der den Verkauf von Staatsbesitz vereinfachen soll. Der Antrag aber wurde vom Parlamentspräsidenten abgelehnt. Jetzt soll das Verfassungsgericht angerufen werden, um über die Frage der Volksabstimmung zu entscheiden.

Die größten Unternehmen Sloweniens

"Die Möglichkeit, dass die Opposition das Referendum als Blockademittel einsetzt, erhöht die Ungewissheit, ob die Regierung von Janez Janša bei der Entwicklung und Umsetzung von Strukturreformen handlungsfähig bleibt", heißt es in einer Erklärung von Standard & Poor's. "Verzögerungen bei der Lösung der Probleme werden wahrscheinlich das Anlegervertrauen beschädigen und könnten zu steigenden Finanzierungskosten für Slowenien führen."

Dass Janez Janša überhaupt wieder an der Macht ist, verdankt er der zerstrittenen Opposition. Denn eigentlich wurde der 54-Jährige bei den Parlamentswahlen vor genau einem Jahr klar abgewählt. Doch Wahlsieger Zoran Janković konnte mit seiner Mitte-Links-Plattform "Positives Slowenien" keine mehrheitsfähige Koalition bilden. Janša wurde im Januar 2012 erneut zum Premierminister gewählt – obwohl international gegen ihn Korruptionsermittlungen laufen. Während seiner ersten Amtszeit als Premierminister von 2004 bis 2008 soll er in einen Schmiergeldskandal rund um die Beschaffung finnischer "Patria"-Panzer verwickelt gewesen sein. In mehreren EU-Staaten wird gegen Janša ermittelt. Zudem steht er in der Kritik, weil er wiederholt versucht haben soll, Einfluss auf Journalisten zu nehmen, um unliebsame Berichterstattung zu verhindern.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%