Euro-Pleitekandidat Slowenien steht sich selbst im Weg

Korruption in den Kommunen, ein Premier im Visier der internationalen Ermittler und unfähige Oppositionspolitiker: Nichts geht mehr in Slowenien. Nun eskaliert die Wut der Bürger.

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Polizisten stellen sich seit Wochen den Demonstranten in Slowenien in den Weg. Quelle: dpa

Für Maribor sollte 2012 ein ganz besonderes Jahr werden. Die zweitgrößte slowenische Stadt ist aktuell Kulturhauptstadt Europas. Die rund 95.000 Einwohner freuten sich auf den Besuch von Touristen, auf Konzerte, Ausstellungen und Theatervorführungen, Bürgermeister Franc Kangler über fröhliche Bilder, die aus seiner Stadt um die Welt gehen sollten. Doch die aktuellen Bilder aus Maribor sind alles andere als fröhlich. Sie zeigen Polizisten, die in voller Montur vor dem Rathaus in Stellung gehen und Demonstranten, die Fensterscheiben einwerfen und Müllcontainer anzünden.

Über 10.000 Menschen gingen zuletzt in Maribor auf die Straße, um zunächst friedlich gegen den Sparkurs der slowenische Regierung und den seit geraumer Zeit unter Korruptionsverdacht stehenden Bürgermeister Kangler zu protestieren. Während Kundgebungen in der Hauptstadt Ljubljana weitgehend friedlich blieben, eskalierte die Situation in Maribor. Das Rathaus am Hauptplatz wurde mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen, auf dem Balkon brach ein Feuer aus.  Die Demonstranten hielten Plakate in die Höhe mit dem Porträt Kanglers und Aufschriften wie "Diebe ins Gefängnis!".

Wissenswertes über Slowenien

Der 47-Jährige Sohn der Stadt wurde 2006 überraschend zum Bürgermeister gewählt und sicherte sich bei den Wahlen 2010 eine zweite Amtszeit – obwohl er seit Amtsbeginn höchst umstritten ist. Aufgrund von Korruptionsvorwürfen durchsuchte die Polizei das Rathaus der Stadt sowie Kanglers Privathaus und nahm den Bürgermeister vorläufig fest. Angeklagt wurde Kangler nie. Anschließend setzte sich der Fußballfan für die Sanierung des Sportstadions ein und versorgte den Lokalklub "NTK Maribor" mit großzügigen Steuerrabatten. Im städtischen Haushalt klaffte anschließend ein Minus von rund 10 Millionen Euro. Kangler reagierte und kürzte die Ausgaben für das Programm zur Europäischen Kulturhauptstadt 2012, zahlreiche geplante Projekte und Veranstaltungen mussten gestrichen werden.

Die Menschen hätten das möglicherweise weiter toleriert, wäre Maribor ein Einzelfall und Slowenien weiter ein Wachstumsmotor Osteuropas. Doch das kleine Alpenland, einst Euro-Musterland mit Wachstumsraten von knapp sieben Prozent, steckt tief in der Rezession. Die maroden Banken haben das Land ins Wanken gebracht, korrupte und unfähige Politiker an den Abgrund.

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