
Viele Jahre galt die Europäische Union als Garant für die Stabilität auf dem Kontinent. Staats- und Regierungschefs trieben die Einigung weiter voran. Kompetenzen wurden auf supranationale Ebene verlagert, große Anstrengungen wurden unternommen, um einen gemeinsamen Binnenmarkt und eine enge Vernetzung der Finanzmärkte zu erreichen. Als Krönung dieses Prozesses galt die Einführung der gemeinsamen Währung. Sie stand für eine erfolgreiche Integration in die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der Europäischen Gemeinschaft.
Spätestens seit der Staatsanleihekrise hat das positive Euro-Bild erheblich gelitten. Die Proteste auf Frankfurts Straßen im Rahmen der Eröffnung des neuen Gebäudes der Europäischen Zentralbank sind Ausdruck dafür, dass die Unzufriedenheit mit den herrschenden strukturellen und wirtschaftlichen Unterschieden auf europäischer Ebene zugenommen hat. Besonders deutlich lassen sich die Unterschiede an den Arbeitslosenquoten ablesen. Auf der einen Seite stehen Länder wie Griechenland, Spanien, Zypern und Portugal, wo zum Teil jeder vierte Arbeitsuchende keinen Job findet. Auf der anderen stehen Länder wie Deutschland, Österreich und Luxemburg. Hier liegt die Arbeitslosenquote bei gerade einmal 5 Prozent.
Was droht Griechenland und seinen Banken?
Die EZB verleiht Geld nur an Geschäftsbanken, die als Sicherheiten Wertpapiere hinterlegen, denen Ratingagenturen gute Noten geben. Das ist bei Griechenland-Anleihen nicht der Fall. Bislang machten die Währungshüter eine Ausnahme, weil Athen ein EU-Sanierungsprogramm mit harten Reformauflagen durchlief. Diese Grundlage ist nun weggefallen: Die Regierung des linksgerichteten Ministerpräsidenten Alexis Tsipras lehnt das EU-Rettungsprogramm ab. Die EZB begründete ihre Entscheidung damit, dass man im Moment nicht davon ausgehen könne, dass Hellas sein Reformprogramm erfolgreich abschließen wird.
Ende Dezember 2014 hatten sich die griechischen Banken rund 56 Milliarden Euro bei der EZB beschafft. Davon entfielen nach Angaben der Commerzbank 47 Milliarden Euro auf kurzfristige Geschäfte, die inzwischen ausgelaufen sein dürften - und die nur wiederholt werden können, wenn die Institute andere Sicherheiten haben als griechische Staatsanleihen. Die übrigen neun Milliarden Euro steckten in Langfristgeschäften. „Das Geld muss zurückbezahlt werden, wenn es in diesem Umfang keine anderen Sicherheiten gibt“, sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.
Nein. Die Institute können vorerst bei der griechischen Zentralbank ELA-Notkredite nachfragen. Der EZB-Rat hat dafür ein Volumen von bis zu rund 60 Milliarden Euro bewilligt. Damit könnte das Refinanzierungsvolumen griechischer Banken bei der EZB vollständig in eine ELA-Finanzierung überführt werden, schreiben Ökonomen der BayernLB: „Es wäre aber nur wenig Raum vorhanden, um einen weiteren Abfluss von Einlagen zu kompensieren.“ Ein weiterer Haken für die Banken: EZB-Kredite kosten aktuell 0,05 Prozent, ELA-Notkredite 1,55 Prozent. Der Vorteil für die EZB und Europas Steuerzahler: Sie müssen nicht geradestehen, wenn die Kredite ausfallen. Das Risiko liegt bei der Zentralbank in Athen und damit beim Steuerzahler Griechenlands.
Nein. Der EZB-Rat kann diesen Geldhahn mit Zwei-Drittel-Mehrheit zudrehen. ELA darf nur an Institute vergeben werden, die zwar vorübergehende Liquiditätsengpässe haben, aber solvent sind. Das wird ohne ein Hilfsprogramm oder zumindest die begründete Erwartung, dass ein neues Programm schnell in Kraft tritt, unwahrscheinlicher. Die Experten der BayernLB sind daher überzeugt: „Sollte sich Griechenland mit seinen Gläubigern bis Ende Februar nicht zumindest auf eine Brückenfinanzierung einigen, ist damit zu rechnen, dass die EZB griechische Banken von der ELA-Finanzierung ausschließt.“
Dann dürfte den Banken sehr schnell das Geld ausgehen. „Wenn die EZB ELA abklemmt, haben die Institute keinen Zugriff mehr aus EZB-Liquidität. Das wäre der Rausschmiss, Griechenland würde die Währungsunion faktisch verlassen“, sagt Commerzbank-Experte Krämer. Daher sei die Entscheidung auch eine politische. Experten der UBS sehen das ähnlich: „In dem Moment, in dem die EZB das ELA-Fenster schließt, müssen die Verhandlungspartner entweder sofort Kompromisse finden, oder Griechenlands Banken kommen nicht mehr an Geld.“ Um einen Bankenkollaps zu verhindern, müsse Athen dann umgehend eine eigene Währung einführen: „Das wäre das Ende Griechenlands im Euroraum und könnte eine gefährliche Kettenreaktion in Gang setzen.“
Denkbar wäre, die Laufzeit der Hilfskredite zu verlängern oder den Schuldendienst vorrübergehend auszusetzen. Krämer erwartet, dass am Ende auch die Bundesregierung einem „faulen Kompromiss“ zustimmen würde: „Denn bei einem Austritt Griechenlands schlitterte das Land ins Chaos und die Bundesregierung müsste ihren Wählern erklären, dass die direkt und indirekt auf Deutschland entfallenen Hilfskredite an Griechenland in Höhe von 61 Milliarden Euro verloren wären.“
Zusätzlich verschärft wurden die Gegensätze – zumindest in der Wahrnehmung der betroffenen Bürger – durch fiskalische Maßnahmen. In vielen Ländern Südeuropas ging die Konsolidierung der Staatshaushalte mit Einsparungen bei den Sozialsystemen, beispielsweise Rentenkürzungen, niedrigeren Gehältern oder gar Entlassungen im öffentlichen Dienst sowie Steuererhöhungen einher. So gravierend die Einschnitte für einige auch gewesen sein mögen, wurden dennoch finanzielle Mittel von Seiten anderer Euro-Mitgliedsländer benötigt. „Europäische Rettungsschirme“ wurden etabliert, um in Zahlungsschwierigkeiten geratene Euro-Ländern vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren. Profitiert haben hiervon Portugal, Irland, Griechenland, Spanien und Zypern.
In den Geberländern gingen die Finanzhilfen mit einem wachsenden Unmut über die damit verbundenen Risiken einher. Zähe Verhandlungen über die Ausgestaltung von Spar- und Reformmaßnahmen sowie immer wieder aufkommende Meldungen über die mangelnde Umsetzung von Vereinbarungen haben dabei sicherlich ihren Teil zu einer wachsenden Unzufriedenheit bei den Bürgern der Geldgeberländer beigetragen.
Griechenlands Zahlungsverpflichtungen 2015
Die griechische Regierung muss in diesem Jahr noch rund 17 Milliarden Euro an Krediten und Zinsen zurückzahlen. Der größte Batzen entfällt dabei mit rund 8,1 Milliarden Euro auf den Internationalen Währungsfonds (IWF). Daneben stehen Zahlungen an die Europäische Zentralbank (EZB), private Gläubiger sowie die Partner aus der Eurozone aus. Ungeachtet der Verlängerung des Hilfsprogramms mit den Euro-Partnern ist bisher unklar, wie Finanzminister Yanis Varoufakis die Mittel aufbringen will. Vor allem im Juli und August stehen Rückzahlungen über mehrere Milliarden Euro an. Es folgt eine Auflistung darüber, was Griechenland in welchem Monat dieses Jahres zahlen muss.
Rundungsdifferenzen möglich, Quelle: Eurobank Athen, eigene Berechnungen (Reuters)
Rund 1,5 Milliarden an den IWF, 75 Millionen Zahlungen an andere - insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro.
450 Millionen an IWF, 275 Millionen an Zinsen - insgesamt rund 0,7 Milliarden Euro.
750 Millionen plus 196 Millionen an IWF, sowie 77 Millionen für bilaterale Kredite - insgesamt rund 1 Milliarden Euro.
1,5 Milliarden an IWF plus 280 Milliarden an EZB und andere - insgesamt 1,7 Milliarden Euro.
450 Millionen an IWF, 3,5 Milliarden an EZB, 700 Millionen an Zinsen für EZB - insgesamt rund 4,8 Milliarden Euro.
Rund 170 Millionen an IWF, 3,2 Milliarden an EZB und andere Notenbanken, 190 Millionen an Zinsen - insgesamt rund 3,7 Milliarden Euro.
1,5 Milliarden Euro an IWF.
450 Millionen an IWF, 200 Millionen an andere - insgesamt 0,65 Milliarden Euro.
150 Millionen an IWF, 77 Millionen bilaterale Kredite - rund 0,23 Milliarden Euro
1,1 Milliarden Euro an IWF.
Da verwundert es kaum, dass in den letzten Jahren europaweit Parteien mit einer kritischen Haltung gegenüber einer stärkeren Integration auf dem Kontinent an Bedeutung gewonnen haben. Auffällig ist dabei, dass in den südeuropäischen Euro-Ländern vor allem links-orientierte Parteien hohe Zustimmungswerte erfahren, während in Kern- und Nordeuropa eher national-konservative Gruppierungen ihre Umfragewerte verbessern konnten. So ging die linke Syriza aus den jüngsten Parlamentswahlen in Griechenland als Sieger hervor. Weitere prominente Beispiele sind die Podemos in Spanien, die Fünf-Sterne-Bewegung in Italien, die AfD in Deutschland oder der Front Nationale in Frankreich.
Aus Sicht der Gemeinschaftswährung birgt diese Entwicklung langfristig die Gefahr, dass der Währungsraum nicht mehr als Gemeinschaft angesehen wird, sondern nur noch als Summe einzelner Länder, wobei jedes Mitgliedsland separat betrachtet wird. Damit würde das Vertrauen in den dauerhaften Bestand und die Werthaltigkeit des Euro nachhaltigen Schaden nehmen.
Von Grexit bis Graccident - die wichtigsten Begriffe zur Schuldenkrise
Der Kunstbegriff wurde aus den englischen Worten für „Griechenland“ (Greece) und „Ausstieg“ (Exit) gebildet - gemeint ist ein Ausstieg oder Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone. So etwas ist in den EU-Verträgen allerdings gar nicht vorgesehen. Die Idee: Würde Griechenland statt des „harten“ Euro wieder eine „weiche“ Drachme einführen, könnte die griechische Wirtschaft mit einer billigen eigenen Währung ihre Produkte viel günstiger anbieten.
Neuerdings wird auch vor einem unbeabsichtigten Euro-Aus der Griechen gewarnt. Das Kunstwort dafür besteht aus Greece und dem englischen Wort für „Unfall“ (Accident) - wobei das Wort im Englischen auch für „Zufall“ stehen kann. Gemeint ist ein eher versehentliches Schlittern in den Euro-Ausstieg, den eigentlich niemand will - der aber unvermeidbar ist, weil Athen das Geld ausgeht. Mittlerweile taucht die Wortschöpfung auch als „Grexident“ auf.
Staaten brauchen Geld. Weil Steuereinnahmen meist nicht ausreichen, leihen sie sich zusätzlich etwas. Das geschieht am Kapitalmarkt, wo Staaten sogenannte Anleihen an Investoren verkaufen. Eine Anleihe ist also eine Art Schuldschein. Darauf steht, wann der Staat das Geld zurückzahlt und wie viel Zinsen er zahlen muss.
Im Grunde handelt es sich ebenfalls um Anleihen - allerdings mit deutlich kürzerer Laufzeit. Während Anleihen für Zeiträume von fünf oder zehn oder noch mehr Jahren ausgegeben werden, geht es bei T-Bills um kurzfristige Finanzierungen. Die Laufzeit solcher Papiere beträgt in der Regel nur einige Monate.
Manchmal hat ein Staat so viel Schulden, dass er sie nicht zurückzahlen kann und auch das Geld für Zinszahlungen fehlt. Dann versucht er zu erreichen, dass seine Gläubiger auf einen Teil ihres Geldes verzichten. Das nennt man Schuldenschnitt. Dieser schafft finanzielle Spielräume. Allerdings wächst auch das Misstrauen, dem Staat künftig noch einmal Geld zu leihen.
Seit 2010 hatten immer mehr Staaten wegen hoher Schulden das Vertrauen bei Geldgebern verloren. Für sie spannten die Europartner einen Rettungsschirm auf. Er hieß zuerst EFSF, wurde später vom ESM abgelöst. Faktisch handelt es sich um einen Fonds, aus dem klamme Staaten Kredithilfen zu geringen Zinsen bekommen können.
In der Euro-Schuldenkrise wurde der Begriff für das Trio aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission gebraucht. Sie kontrollieren die verlangten Reformfortschritte. Im Euro-Krisenland Griechenland ist die Troika deswegen zum Feindbild geworden. In seinem Schreiben an die Eurogruppe spricht Athen nun von „Institutionen“. Auch die Europartner wollen das Wort „Troika“ nicht mehr verwenden. In offiziellen Dokumenten war ohnehin nie die Rede von der „Troika“.
Es sind vor allem die von der Europäischen Zentralbank ergriffenen Maßnahmen, die dafür sorgen, dass sich die bestehenden fundamentalen und politischen Divergenzen innerhalb des Euroraums nicht an den Finanzmärkten widerspiegeln. Was mit dem Securities Markets Programme (SMP) im Jahr 2010 begann, führte über das 2012 etablierte Outright Monetary Transactions (OMT) Programm hin zu einem Staatsanleiheankaufprogramm im Umfang von weit mehr als 1000 Mrd. EUR.
Spätestens mit dem im März gestarteten Ankaufprogramm stellt die Notenbank nicht nur die Zahlungsfähigkeit der einzelnen EWU-Länder sicher. Sie sorgt darüber hinaus für extrem niedrige Renditen und geringere Zinsunterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten. Uneigennützig handelt die EZB dabei nicht. Denn insbesondere mit Blick auf die Geldpolitik ist die Betrachtung des Währungsraums als Einheit von großer Bedeutung. Eine Währung hat nun einmal nur eine Zentralbank, einen Leitzins. Die separate Wahrnehmung der einzelnen Mitglieder läuft einer einheitlichen Geldpolitik dabei zuwider.
Stärkere Integration zwischen den Mitgliedsländern der Währungsunion
So gut die Gründe für die Europäische Zentralbank demnach auch sein mögen, gegen die Auswüchse der bestehenden strukturellen Differenzen innerhalb der Euro-Länder vorzugehen, klar ist: Ewig lassen sich die Folgen allein mit den Instrumenten der Geldpolitik nicht kaschieren. Zumindest auf mittlere Frist müssen andere Wege gesucht und beschritten werden.
Den idealen Ausweg aus der aktuellen Krise bietet eine stärkere Integration zwischen den Mitgliedsländern der Währungsunion. Dabei gilt es, die Gemeinsamkeiten der Nationen des Kontinents wieder in den Vordergrund zu rücken. So sind nationale Interessen – auch wenn dies von einigen Parteien immer wieder propagiert wird – kein Widerspruch zu einer weiteren Integration auf europäischer Ebene.





Das Problem an dieser „idealen Lösung“ für die derzeitige Krise ist: So gut die Rahmenbedingungen für die Fiskalpolitik auch sein mögen, es fehlt der politische Wille diese einzuhalten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der momentan zu beobachtenden Debatte über die „richtige Haushaltpolitik“. Hier treffen teils tief verwurzelte ideologische Differenzen aufeinander. Zudem hat die Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Jahr 2005 unter Beweis gestellt, dass selbst die besten Vorgaben bei Bedarf von den Regierungen nach ihren Wünschen und Bedürfnissen angepasst werden können.
Akzeptiert man, dass eine wahre politische und fiskalpolitische Integration kaum möglich ist, und geht man davon aus, dass die Europäische Zentralbank das System nicht auf Dauer wird tragen können, bleibt eigentlich nur eine Alternative: Nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Zumindest auf kurze Sicht stehen die Chancen gar nicht so schlecht, dass die wirtschaftliche Aktivität im gemeinsamen Währungsraum anzieht.
Wie sich EZB und Euro-Länder vor neuen Turbulenzen schützen
Um private Banken in Euro-Ländern vor vorübergehenden Liquiditätsengpässen zu schützen, hat die Europäische Zentralbank ein spezielles Kreditprogramm (ELA) aufgelegt. Damit können zum Beispiel griechische Banken bei der griechischen Notenbank Wertpapiere gegen Geld eintauschen, die nicht den üblichen Qualitätskriterien der EZB gerecht werden.
In Luxemburg hat im Herbst 2012 der Europäische Stabilitätsmechanismus, kurz ESM, seine Arbeit aufgenommen. Geschäftsführer ist Klaus Regling, ein früherer Generaldirektor in der EU-Kommission. Der Fonds kann bis zu 500 Milliarden Euro mobilisieren, um Euro-Länder bei Zahlungsschwierigkeiten mit Krediten und Bürgschaften zu unterstützen. Die Hilfen sind an ein wirtschaftspolitisches Reformprogramm geknüpft, das die Ursachen der Probleme bekämpfen soll.
Als Lehre aus der Krise soll Brüssel die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten stärker überwachen. „Two-Pack“ und „Six-Pack“ heißen die neuen Mechanismen, die Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem die Kontrolle erleichtern sollen. Leider nehmen die Länder die Empfehlungen nicht wirklich ernst.
Mit wenigen Worten hat EZB-Chef Mario Draghi die Märkte im Juli 2012 beruhigt. „Was immer nötig sei“, werde die EZB zur Rettung des Euro tun – ein Vollkaskoschutz für Investitionen in Euro-Staatsanleihen. Das entsprechende Programm (OMT) kam im September hinzu.
Nach einem Stresstest hat die Europäische Zentralbank im November 2014 die Aufsicht über rund 120 europäische Großbanken übernommen. Bei künftigen Bankpleiten sollen Steuerzahler nicht mehr in die Pflicht genommen wer- werden. Ob’s klappt?
Vor allem das Umfeld niedriger Zinsen und eines schwachen Euro greift den Unternehmen dabei unter die Arme. Das BIP-Wachstum dürfte in der Folge spürbar zulegen. So erwarten wir nach 0,9 Prozent in 2014 für die kommenden beiden Jahre einen BIP-Anstieg im Bereich von eineinhalb Prozent. Die Europäische Zentralbank rechnet für das kommende Jahr sogar mit einem Zuwachs in Höhe von knapp 2 Prozent.
Ein stärkeres Wachstum sollte nicht nur dazu beitragen, die Arbeitslosigkeit auf Ebene der Euro-Länder auf absehbare Zeit zu reduzieren. Vielmehr dürften damit auch die Divergenzen zwischen den einzelnen Mitgliedern in den Hintergrund rücken. Dies könnte dem zum Teil herrschenden Unmut unter den Bürgern entgegenwirken und dem Aufstieg Euro-kritischer Parteien tendenziell den Wind aus den Segeln nehmen.
Europa
Einen Grund sich auszuruhen, stellt dieser kurzfristig eher freundliche Wachstumsausblick dennoch nicht dar. Vielmehr gilt es, die vorhandene Zeit zu nutzen, um den mittel- bis langfristigen Wachstumsausblick zu verbessern. Dabei führt kein Weg an schmerzhaften Strukturreformen vorbei. Während von Seiten der Programmländer – sieht man von Griechenland ab – bereits einige Schritte in die richtige Richtung unternommen wurden, hapert es momentan eher an den drei großen Ländern des Euroraums.
Vor allem Frankreich läuft Gefahr, auf Dauer ein Bremsklotz für die konjunkturelle Entwicklung im Euroraum zu werden. Weder wurden Reformen zugunsten einer Reduzierung der Bedeutung des Staatssektors angegangen noch zeichnet sich eine nachhaltige und ernsthafte Konsolidierung der Staatsfinanzen ab. In Italien gilt es, neben der Reform des Arbeitsmarktes insbesondere die schwache Produktivitätsentwicklung anzugehen und Ineffizienzen im öffentlichen Sektor zu beseitigen.
Unterdessen laufen in den Grenzen des einstigen Musterschülers Deutschland Bestrebungen, wichtige Errungenschaften vergangener Jahre zurückzudrehen. So schränken das von der Großen Koalition beschlossene Rentenpaket sowie der Mindestlohn ökonomische Wachstumsmöglichkeiten tendenziell ein.