Europa Wie Italien jede Krise übersteht - bis jetzt

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Bella Figura?

Treffen mit Carlo Barbieri in Rom. Der Mann ist Deutschlandfan und jemand, der sich viele Gedanken über Parallelen zwischen dem deutschen und italienischen Bankensystem gemacht hat. Ein fröhlicher Typ, den zuletzt etwas der Ernst seiner Branche erreicht hat. Barbieri verantwortet die Außenbeziehungen von Iccrea, einer von zwei Zentralbanken der italienischen Genossenschaftsbanken. Barbieris Bank ist zuletzt beim Versuch, die Branche zu ordnen, immer wichtiger geworden. Italiens Genossenschaftsbanken mussten sich einer von zwei Zentralbanken zuordnen, um besser kontrolliert werden zu können und nicht mehr völlig autark vor sich hin zu arbeiten. 100 kleinere Banken schlossen sich deswegen zusammen.

Barbieri glaubt, das ist eine Momentaufnahme: „Es wird weitere Zusammenschlüsse geben. Es gibt einfach mittlerweile so hohe Anforderungen, da brauchen Sie eine bestimmte Größe.“ Wie viele Banken sinnvoll wären? Da will er sich nicht festlegen. „Die Frage ist, wie groß kann eine lokale Bank sein, um eine lokale Bank zu sein?“ Er glaubt ohnehin, dass die Bemühungen, die Banken zu regulieren, viel Aufwand, aber nicht das gewünschte Ergebnis verursachen: „Womöglich wäre es sinnvoll, unterschiedliche Regelsysteme für Genossenschaftsbanken einerseits und große Privatbanken andererseits einzuführen.“ Dann hätte man nicht nur reformiert, sondern auch die Probleme beider Seiten adressiert.

3. Hauptsache, das Bemühen sieht gut aus

Bella Figura eben. Das zieht sich durch bis zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage. Denn tatsächlich ploppen seit einigen Wochen allerlei Indikatoren für gute Stimmung auf und werden in Italien erleichtert verbreitet. Sogar die chronisch hohe Arbeitslosigkeit sank im April auf 11,1 Prozent, selbst junge Menschen finden wieder eher Arbeit. Und international überzeugte Italien als Gastgeber von G7-Staaten. Aber wie substanziell ist das alles?

Notleidende-Bankkredite

Wenige Minuten nachdem der Eurocity-Zug den Mailänder Hauptbahnhof gen Norden verlassen hat, passiert er eine Ruine auf einer gigantischen Brache. Sesto San Giovanni ist der Ort, der diese Ruine beherbergt. Falck hieß sie früher und beherbergte das größte italienische Stahlwerk. Im Jahr 1995 erlosch der Hochofen, über dessen Erbe der Schriftsteller Emilio Tadini schrieb: „Wenn es die Hölle gäbe, sähe sie nicht viel anders aus.“ Dort sollte nun neues Leben entstehen, um eine „città della salute“ herum, ein Gesundheitsstadt. Arabische Investoren wollten das entwickeln. Doch derzeit stockt alles, und so erinnert die Stahlruine daran, wie lange Veränderung hier dauert.

Finanzminister Padoan kritisiert regelmäßig, Teile der Bürokratie und Justiz arbeiteten so mühsam, dass Investoren verschreckt würden. Und Italiens starre Arbeitsgesetze sorgen dafür, dass Firmen schlechte Produktivität und hohe Arbeitskosten haben. Ein Angestellter etwa, der 1500 Euro im Monat verdient, kostet den Arbeitgeber wegen hoher Steuern und Sozialabgaben 3000 Euro.

4. Alles bleibt in der Familie

Gianluca Violante ist ein Ökonom, der in Italien studierte, nun aber an Universitäten weltweit lehrt und die persönliche Sorge um sein Land mit einer entspannten Weltläufigkeit kombiniert. Ein Typ, der auch in einer Reihe Investmentbanker nicht auffallen würde. Er hat anhand von Statistiken über die Einkommensteuer der Italiener erforscht, wie sich der soziale Status innerhalb von zwei Generationen unterscheidet. „Warum ist das interessant?“, fragt Violante. „Weil sozialer Aufstieg Ausweis einer Gesellschaft im Fluss ist.“

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