Europa Briefing – Teil 4 Die Bankenunion offenbart grundlegende Konflikte in der Eurozone

Seite 2/3

Hat Europa seine Banken sicherer gemacht?

Anfang 2012 erreichte die Eurokrise ihren vorläufigen Höhepunkt. Zinsen auf griechische Staatsanleihen stiegen von fünf Prozent in 2009 auf 49 Prozent im Januar 2012, portugiesische auf 17 Prozent. Die Krise drohte sogar auf Italien überzugreifen.

Wendepunkt war das Treffen des Europäischen Rats im Juni 2012. Die Staats- und Regierungschefs gaben grünes Licht für zwei Pfeiler der Bankenunion: einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus für Banken und eine europäische Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB). Ein gemeinsamer Einlagensicherungsfondswurde diskutiert, vorerst aber nicht beschlossen.

Fakt #2: Kosten der Bankenrettung und Staatsverschuldung im Euroraum zwischen 2008 und 2014 Bild vergrößern
Fakt #2: Kosten der Bankenrettung und Staatsverschuldung im Euroraum zwischen 2008 und 2014 (Für eine detaillierte Ansicht bitte auf das Foto klicken)

Umgesetzt wurde dies aber nicht über Nacht. Die neue Aufsicht nahm 2014 mit dem ersten Stresstest, einer Krisensimulation für Bankbilanzen, ihre Arbeit auf. Der Test brachte Kapitallücken in 13 der 130 größten europäischen Banken ans Licht. Im Durchschnitt konnten die Banken seitdem ihre Bilanzen stärken, in einigen Ländern leiden Banken aber immer noch unter ausfallgefährdeten Krediten.

Seit 2016 gelten auch einheitliche Regeln und Mechanismen für den Fall einer Bankenpleite. Zunächst entscheidet ein unabhängiger Ausschuss darüber, ob und wie einer notleidenden Bank geholfen werden kann. Um bei einer Sanierung Hilfen aus dem von Banken finanzierten Abwicklungsfonds nutzen zu können, müssen die Gläubiger einen Teil der Verluste selbst tragen (Bail-in). So sollen Steuerzahler vor unkalkulierbaren Kosten einer Bankenkrise geschützt und einheitliche Wettbewerbsbedingungen für Banken geschaffen werden.

Szenario 1: Gemeinsam umfassend aufräumen

Derzeit gibt es in sechs Euroländern noch eine bedrohlich hohe Zahl an notleidenden Krediten. Von diesen Krediten müssen sich die Banken schnellstmöglich befreien, um wieder profitabel zu werden und, um neue Kredite an Unternehmen vergeben zu können. Besonders betroffen sind Banken in Zypern, Griechenland, Italien und Portugal.

Fakt #3: Die italienische Bankenkrise Bild vergrößern
Fakt #3: Die italienische Bankenkrise (Für eine detaillierte Ansicht bitte auf das Foto klicken)

Um ihre Banken schnell auf solide Füße zu stellen, könnten Regierungen und europäische Institutionen gemeinsam einen staatlich gestützten Fonds einrichten, der den Banken ihre notleidenden Kredite zu einem angemessenen Preis abkauft. Die dabei entstehenden Verluste müssten nach den neuen Regeln der Bankenunion zunächst die Eigner und Gläubigertragen. Für einige Banken könnte das eine Sanierung notwendig machen oder sogar zur Insolvenz führen.

Wenn sich der europäische Bankensektor umfassend von seinen Altlasten befreit hat, dürfte den Euroländern auch die Vollendung der Bankenunion leichter fallen. Dafür müssten einerseits Risiken weiter reduziert werden, indem Banken nur noch in begrenztem Maße Staatsanleihen ihres Landes halten dürfen. Andererseits müssten verbleibende Risiken zunehmend geteilt werden, zum Beispiel über einen europäischen Einlagensicherungsfonds, der gemeinsam die Spareinlagen der Bürger garantiert.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%