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Europa Keine Krise ohne Opfer

Klare Ansagen kamen am Montag von den Börsen im Mailand und Madrid. Es reicht: Genug gelogen, genug vertuscht. EZB-Präsident Mario Draghi und Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy stehen mit dem Rücken zur Wand.

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Türkei Quelle: dapd
Serbien Quelle: REUTERS
Albanien Quelle: REUTERS
Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien: Quelle: REUTERS
Montenegro Quelle: REUTERS
Island Quelle: Reuters
Bosnien-Herzegowina: Quelle: REUTERS

Noch Ende Januar hatte EZB-Präsident Mario Draghi auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos erklärt, dass niemand in der Banca d’Italia, einschließlich seiner eigenen Person, etwas von den verlustreichen Derivategeschäften der italienischen Banca dei Monte Paschi di Siena gewusst habe. Falsch: Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters war die italienische Notenbank bereits seit Sommer 2010, also zu einem Zeitpunkt, als Draghi noch deren Präsident war, sehr wohl informiert über die Bilanzunregelmäßigkeiten beim drittgrößten italienischen Bankhaus. Laut einem jetzt bekannt gewordenen internen Report der italienischen Zentralbank, hatten die Bankenaufseher die Pleitebank damals zu einer Kapitalerhöhung und die Verantwortlichen zum Rücktritt aufgefordert, sich damit aber angeblich mangels Autorität nicht durchsetzen können. Da fragt sich der italienische Steuerzahler, dem jetzt erneut für die Rettung der ältesten Bank der Welt in die Tasche gegriffen wird, natürlich: Wer sonst, wenn nicht die in Italien für die Bankenaufsicht zuständige Banca d’Italia, hätte diese Autorität gehabt?

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Wir halten fest: Die Banca d’Italia war unterrichtet über die Verluste. Dennoch behauptete sie anschließend immer wieder beharrlich, dass alles in bester Ordnung sei im italienischen Bankensystem. Wohl genau deshalb pumpte der inzwischen zum EZB-Präsidenten geadelte Draghi später via LTRO auch gigantische Mengen Liquidität in eben dieses ach so gesunde italienische Bankensystem. Vor einem Jahr haben neben spanischen Banken vor allem italienische Banken das insgesamt 1.000 Milliarden Euro schwere LTRO-Programm der EZB ausgiebig in Anspruch genommen.

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Zumindest im Falle einer italienischen Großbank sieht das inzwischen alles sehr nach Beihilfe zur Konkursverschleppung aus. Auch die Reputation der EZB droht unter ihrem italienischen Präsidenten allmählich Schaden zu nehmen, so dass sich selbst ein so selbstbewusster Superökonom wie Draghi allmählich Gedanken über einen Rücktritt machen sollte.

Der italienische Aktienmarkt quittierte den Skandal um die Banca Monte dei Paschi di Siena am Montag mit deutlichen Verlusten. Die Aktien der fünf italienischen Großbanken wurden nach Kursverlusten von bis zu sieben Prozent gar kurzzeitig vom Handel ausgesetzt.

Kursverluste von mehr als fünf Prozent bescherte der Montag aber auch den Aktien der spanischen Großbanken. Bei den Iberern erschwerend hinzu kommt der politische Skandal um ein Schweizer Schwarzgeldkonto, von dem offensichtlich über Jahre Zuwendungen an die Führungsmannschaft der regierenden Partido Popular (PP) geflossen sind. Inzwischen gilt es als ziemlich sicher, dass auch der amtierende spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy zwischen 1997 und 2008 vom damaligen PP-Schatzmeister Luis Bárcenas 35 Zahlungen über insgesamt 322.231 Euro erhalten hat. Wie in Italien muss jetzt auch in Spanien täglich mit weiteren Enthüllungen gerechnet werden. Von allen Seiten bedrängt droht der ehemalige PP-Schatzmeister Bárcenas inzwischen gar mit dem Platzen einer “politischen Atombombe”, sollte er als Bauernopfer den Gang in den Knast antreten müssen. Rajoy wird den Skandal politisch kaum überleben.

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