Europa Deutsche werden in Brüssel mächtiger

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Martin Schulz und Manfred Weber

  • Präsident - Martin Schulz, 58

Sein persönliches Ziel hat er verfehlt, ein Platz im Geschichtsbuch ist ihm trotzdem sicher. Martin Schulz hat es nach der Europawahl im Mai nicht wie von ihm geplant geschafft, als Präsident an die Spitze der neuen EU-Kommission zu treten. Aber dem SPD-Politiker, der dem Europäischen Parlament seit 1994 angehört, ist es quasi im Alleingang gelungen, das Verfahren zur Besetzung dieses Postens neu zu gestalten. Bei der Wahl rief er sich zum Spitzenkandidaten für dieses Amt aus und versetzte so die Konservativen in Zugzwang. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Dynamik dieses Prozesses unterschätzt und auch nach der Wahl noch bestritten, dass dem Wahlsieger automatisch das Amt des Kommissionspräsidenten zustehe. Mittlerweile ist das deutsche Wort „Spitzenkandidat“ in den EU-Jargon eingegangen – und unvorstellbar, dass der nächste EU-Kommissionspräsident nicht direkt gewählt würde. Schulz erfüllt das sichtlich mit Stolz, wie sein Auftritt vergangene Woche in Straßburg belegte.

Auch sein Plan B, als Junckers Stellvertreter in die Kommission zu wechseln, hat sich nicht erfüllt. Merkel traut ihm nicht und hielt an dem CDU-Politiker Günther Oettinger fest. So bleibt Schulz das Amt des Parlamentspräsidenten, das er bereits seit 2012 innehat. Seine Vorgänger haben vor allem repräsentiert. Doch dabei wird es der Machtpolitiker, der sich stets für höhere Aufgaben berufen sieht, in den kommenden fünf Jahren mit Sicherheit nicht belassen. Der gelernte Buchhändler, der gerne über Literatur und über sich selbst redet, wird den Einfluss des Europäischen Parlaments ausbauen, wo er nur kann.

Diese Länder wollen in die EU
Türkei Quelle: dapd
Serbien Quelle: REUTERS
Albanien Quelle: REUTERS
Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien: Quelle: REUTERS
Montenegro Quelle: REUTERS
Island Quelle: Reuters
Bosnien-Herzegowina: Quelle: REUTERS
  • Fraktionschef - Manfred Weber, 42

Angenehmer Händedruck, gewinnendes Lächeln – Manfred Weber gehört zu jener Sorte Politiker, die gerne unter Menschen gehen. Er hätte in Bayern Karriere machen können, wo er von 2003 bis 2007 die Junge Union geleitet hat. 2004 tauschte er jedoch sein Landtagsmandat gegen einen Sitz im Europäischen Parlament (EP), zur Überraschung von vielen Parteifreunden. Dort arbeitete er sich zum Chef der größten Fraktion, der Europäischen Volkspartei (EVP), hoch.

Der CSU-Politiker, studierter Ingenieur, will den Machtzuwachs nutzen, den der Vertrag von Lissabon dem Europäischen Parlament beschert hat. „Ich bin quasi der Fraktionsführer der größten Regierungsfraktion“, sagt Weber, ein Satz, der so früher in Brüssel nicht zu hören war.

Mit der Kommission will er eng zusammenarbeiten und so eine große Koalition zwischen den Institutionen bauen. „Mein festes Ziel ist eine enge Abstimmung zwischen Kommission auf der einen und Europäischem Parlament auf der anderen Seite“, betont Weber. Künftig soll es regelmäßig Treffen des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, seinem sozialdemokratischen Vize Frans Timmermans mit Weber und dem sozialdemokratischen Fraktionsführer im EP, Gianni Pittella, geben – die Brüsseler Variante des Berliner Koalitionsausschusses. Sollte dies tatsächlich eintreten, würde das die Brüsseler Gepflogenheiten auf den Kopf stellen. Im EP herrscht kein Fraktionszwang, Abgeordnete haben sich bisher auch in ihrer Rolle als Korrektiv der Kommission gefallen. Enge Absprachen zwischen Kommission und Parlament wären ein Novum.

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