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Europäische Arbeitslosenversicherung Andors Pläne stoßen auf breite Ablehnung

Die Front gegen eine europäische Arbeitslosenversicherung in Deutschland wächst. DGB-Vorstandsmitglied Buntenbach sagte unserer Redaktion, sie habe große Zweifel an den Plänen von EU-Sozialkommissar Andor.

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Lázló Andor Quelle: dpa

Auf breite Ablehnung stößt in Deutschland der Plan von EU-Sozialkommissar László Andor, die Kosten der Arbeitslosigkeit unter den Staaten der Euro-Zone aufzuteilen. Arbeitgeber und Deutscher Gewerkschaftsbund lehnen eine gemeinsame europäische Arbeitslosenversicherung ebenso ab wie die Bundesregierung und der Sachverständigenrat.

„Wir haben große Zweifel, ob die Vorschläge von EU-Kommissar Andor der richtige Weg sind“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der WirtschaftsWoche, die auch stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrates der Bundesagentur für Arbeit ist. „Sozial- und verteilungspolitisch jedenfalls wäre es falsch, die Lasten der bisherigen Krisenpolitik einseitig auf die Beitragszahler der nationalen Arbeitslosenversicherung abzuwälzen und damit kleine und mittlere Arbeitseinkommen in besonderer Weise zu belasten.“

Auch Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer betont, jedes Land brauche seine eigene Arbeitslosenversicherung, die auf seine Probleme zugeschnitten sei. „Eine Einheitslösung hilft niemandem. Man kann nicht von einem Land verlangen, dass es die Leistungen für andere Länder finanziert.“ Dies gehe schon gar nicht, wenn der Geldgeber keinerlei Einfluss auf die Gestaltung des Arbeitsmarktes habe, so Kramer in der WirtschaftsWoche. „Es besteht die Gefahr, dass Deutschland zum Zahlmeister degradiert wird.“

„Gegen die Idee der Einführung einer europäischen Arbeitslosenversicherung bestehen in der Bundesregierung Bedenken“, heißt es in einer Stellungnahme des Bundesarbeitsministeriums, die die WirtschaftsWoche zitiert. Da bereits die Definition des Versicherungsfalles Arbeitslosigkeit innerhalb der EU auseinandergehe und auch die Finanzierung - über Steuern oder über Beiträge - unterschiedlich gestaltet sei, „sind die notwendigen Voraussetzungen für ein solches System nicht gegeben“.

Deutliche Kritik kommt auch aus dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR). „Den Befürwortern einer europäischen Arbeitslosenversicherung geht es nicht darum, dem einzelnen Arbeitslosen mehr Geld zukommen zu lassen, sondern es geht ihnen nur darum, woher das Geld kommt“, argumentiert der Vorsitzende der "fünf Weisen", Christoph M. Schmidt. „Hier soll lediglich ein neues Transfersystem geschaffen werden.“ Zudem gebe ein Gemeinschaftssystem falsche Anreize.

„Wenn sich die Kosten der Arbeitslosigkeit auf die Nachbarländer abwälzen lassen, sinkt der Anreiz zu entsprechenden Reformen beträchtlich. Wer wie Frankreich einen hohen Mindestlohn hat und den auch noch subventioniert, der soll nicht andere dafür zahlen lassen.“ Wenn Entscheidung und Haftung nicht auf derselben Ebene lägen, komme es immer wieder zu Fehlentwicklungen. "In einer europäischen Arbeitslosenversicherung wäre wohl kaum zu vermeiden, dass es zu dauerhaften Transfers kommt.“

Um Schocks abzufedern, die die einzelnen Länder ungleich treffen, gebe es bessere Möglichkeiten als eine solche Einheitsversicherung, sagt Regierungsberater Schmidt: „Ein flexibler Arbeitsmarkt, ein offener Binnenmarkt für Menschen und Kapital sowie die Bankenunion wirken besser und schaffen keine falschen Anreize.“

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