Europäische Atompolitik EU-Kommission will verstärkt auf Atomkraft setzen

Nachdem ein Thesenpapier öffentlich wurde, demzufolge die EU-Kommission die Atomforschung stützen will, beschwichtigt die Brüsseler Behörde nach heftiger Kritik: Man wolle nur eine Diskussionsgrundlage schaffen.

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Die letzten Kernkraftwerke
AKW Grafenrheinfeld in Bayern Quelle: Creative Commons
Kernkraftwerk Gundremmingen Quelle: dpa/dpaweb
Kernkraftwerk Philippsburg Quelle: dpa
Kernkraftwerk Brokdorf Quelle: dpa
Kernkraftwerk Grohnde Quelle: dpa
Kernkraftwerk Neckarwestheim Quelle: dpa
Kernkraftwerk Isar II Quelle: dpa

Nach einem Medienbericht über Überlegungen der EU-Kommission zur Atomforschung hat die Brüsseler Behörde beschwichtigt. Das Papier stelle eine Diskussionsgrundlage für Experten da und spiegele nicht die Position der EU-Kommission wider, sagte eine Sprecherin in Brüssel. Es handele sich nicht um eine endgültige Fassung. Ob ein EU-Staat Atomkraft nutzen wolle oder nicht, bleibe seine Entscheidung.

Zuvor war der Entwurf eines Papiers der Forschungsabteilung der EU-Kommission bekannt geworden. Darin werden mögliche Forschungsschwerpunkte im Nuklearbereich angeführt, unter anderem die Entwicklung kleiner und flexibler Mini-Atomkraftwerke. Diese könnten dezentral zur Wärmeproduktion eingesetzt werden könnten. Das Papier lag „Spiegel Online“ und der Deutschen Presse-Agentur vor.

Demnach wolle die Europäische Union ihre technologische Vorherrschaft im Nuklearsektor verteidigen, so der Bericht von "Spiegel Online" unter Berufung auf ein Strategiepapier der EU. Die Mitgliedsstaaten sollten bei der Erforschung, Entwicklung, Finanzierung und beim Bau neuer innovativer Reaktoren stärker kooperieren.

Das Papier solle die Grundlage für die künftige Atompolitik der EU-Kommission sein und am Mittwoch von den für die Energieunion zuständigen Kommissaren verabschiedet werden. Anschließend solle es dem EU-Parlament vorgelegt werden. Das Papier sieht neben Eckpunkten zur Finanzierung von Kernkraftprojekten auch die Entwicklung kleiner und flexibler Mini-Atomkraftwerke vor, die dezentral zur Wärmeproduktion eingesetzt werden könnten. Spätestens 2030 solle eine solcher Meiler in Europa im Einsatz sein.

Eine durchaus heikle Entwicklung aus deutscher Perspektive. Will Deutschland doch dagegen aus der Atomenergie aussteigen. 2022 soll das letzte Atomkraftwerk vom Netz gehen.

Dementsprechend scharf kritisierte auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die angeblichen Pläne der EU-Kommission zur Stärkung der Atomkraft in Europa: "Das ist eine verrückte und unverantwortliche Idee", sagte Hendricks der "Rheinischen Post". Zu glauben, man könne mit noch mehr Atomkraft das Klima retten, sei ein Irrtum: "Klimaschutz braucht die Wende zu erneuerbaren Energien, kein Festhalten an einer veralteten und zudem kostspieligen Technologie, mit deren Nutzung wir viele Generationen nach uns unumkehrbar belasten", sagte Hendricks.

Auch die Grünen kritisierten die Überlegungen: „Die gleiche Kommission, die nichts unversucht lässt, um die Erneuerbaren Energien kaputt zu machen, will jetzt Atomkraft mit Milliarden subventionieren“, sagte der Vizechef der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer.

Krischer meinte, die Vorschläge seien „der abenteuerliche Versuch, das Rad der Geschichte zurückzudrehen“. Die Grünen forderten Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auf, die Brüsseler Atompläne abzulehnen.

Aus der EU-Kommission hieß es, das Papier liefere erst einmal eine Diskussionsgrundlage. Die EU-Staaten sollten sich im Energiebereich koordinieren und abstimmen. Ähnliche Bemühungen gebe es auch im Bereich der Erneuerbaren Energien. Atomkraft sei einer von mehreren möglichen Forschungsschwerpunkten, die in der EU bereits in der Vergangenheit identifiziert wurden, hieß es weiter aus der EU-Kommission. Ähnliche Bemühungen gebe es auch etwa bei Solar- und Windkraft. Die EU finanziere nicht die Produktion von Atomstrom.

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