
Die Europäische Investitionsbank (EIB) beziffert die jährliche Investitionslücke in Europa auf über 200 Milliarden Euro. „Für digitale Infrastruktur beträgt die Investitionslücke in Europa jährlich 55 Milliarden Euro“, sagte EIB-Präsident Werner Hoyer im Interview mit der WirtschaftsWoche. Er fügte hinzu: „Im Bildungsbereich liegt die Investitionslücke bei 100 Milliarden Euro, für Straßen, Brücken und Häfen fehlen 50 Milliarden Euro pro Jahr.“ Diese Summen würden zusätzlich zu dem benötigt, was an Investitionen derzeit vorgesehen sei und ließen sich nur durch die Mobilisierung privaten Kapitals decken.
Die EIB finanziere ihre Projekte nicht mit Steuergeldern, sondern mit eigenen Mitteln. „Unsere Bank nimmt pro Jahr zwischen 60 und 80 Milliarden Euro an den Kapitalmärkten auf. Die Investoren vertrauen uns“, betonte Hoyer. Nach der jüngsten Kapitalaufstockung um zehn Milliarden Euro wurden in den beiden letzten Jahren 60 Milliarden Euro mehr an Krediten vergeben: „Weil wir dabei immer andere private oder öffentliche Investoren einbeziehen, haben wir insgesamt ein Investitionsvolumen von 180 Milliarden Euro mobilisiert. Das kann sich sehen lassen.“
Die wichtigsten Aspekte des Investitionsprogramms
Die Investitionen in den 28 EU-Ländern sind mit der Finanzkrise dramatisch eingebrochen. Heute liegen sie rund 15 Prozent unter dem Vorkrisenstand. Damit fehlen Europas Wirtschaft im Vergleich zu 2007 jährlich hunderte Milliarden Euro. Die Folge: Vor allem Staaten im Süden Europas leiden weiter unter massiver Arbeitslosigkeit. Fünf Millionen junge Menschen unter 25 Jahren sind in Europa ohne Job.
Ein neuer Fonds für strategische Investitionen wird mit 21 Milliarden Euro ausgestattet. Dadurch könnte die Europäische Investitionsbank (EIB) laut Juncker Kredite von 63 Milliarden Euro vergeben - also drei Mal so viel. Privatinvestoren sollen dann durch ihre Beteiligung an den Projekten weitere 252 Milliarden Euro beisteuern. Damit würde die Ursprungssumme um den Faktor 15 auf 315 Milliarden Euro "gehebelt".
Die EU-Kommission geht davon aus, dass der Plan von 2015 bis 2017 zwischen 330 und 410 Milliarden Euro zu Europas Wirtschaftsleistung beisteuern kann. Binnen drei Jahren könnten demnach 1,0 bis 1,3 Millionen Jobs geschaffen werden. Starten soll der Fonds Mitte 2015.
Die EU-Kommission will insbesondere Projekte in den Bereichen Verkehr, Internet, Energie, Klimaschutz, Bildung und Forschung fördern. Ein Teil der Mittel soll an kleine und mittlere Firmen fließen, die anders als Großunternehmen oft Schwierigkeiten haben, am freien Markt Kredite zu bekommen.
Ja. Sie haben bereits "Wunschlisten" mit 2000 Projekten im Gesamtwert von 1,3 Billionen Euro für das Investitionsprogramm eingereicht. Deutschland meldete 58 Projekte für 89 Milliarden Euro an: Sie reichen von Autobahnbrücken über ein Flüssiggasterminal und die Anbindung von Windparks ans Stromnetz bis zum Ausbau von Breitbandnetzen. Kritik löste aus, dass mehrere Staaten auch den Bau oder die Modernisierung von Atomkraftwerken fördern wollen.
Da die Summe der angemeldeten Projekte das vorgesehene Fondsvolumen weit übersteigt, muss strikt ausgewählt werden. Was gefördert wird und was nicht, soll ein Gremium aus Vertretern der EIB und Experten entscheiden. "Es wird keine Zuweisung oder Quoten nach Sektoren oder Geografie geben", sagt Juncker. Deutschland fordert eine Auswahl nach "Wirtschaftlichkeit". Juncker will aber auch "risikoreichere Investitionen" fördern. Denn die würden "insbesondere den Ländern zugute kommen, die am stärksten von der Krise getroffen wurden".
Ja. Juncker wirbt dafür, dass auch die EU-Länder Gelder in den Fonds einzahlen, was seine Schlagkraft nochmals erhöhen könnte. Der Kommissionschef lockt mit dem Versprechen, die Gelder nicht bei der Berechnung der Haushaltsdefizite anzurechnen. Juncker zufolge haben einige Länder Interesse signalisiert, konkrete Zusagen gibt es aber noch nicht. Offenbar halten sich die Regierungen zurück, bis Juncker im Januar die konkrete Arbeitsweise des Fonds und die Kriterien für seine Projekte vorstellt.
Die Kommission schließt Verluste nicht aus. Denn der Investitionsfonds soll auch Projekte fördern, die nach den üblichen Kriterien der Europäischen Investitionsbank als zu riskant gelten. Das Geld würde dann letztlich bei Europas Steuerzahlern verloren gehen.
Entgegen den Befürchtungen habe es in Griechenland keine Ausfälle gegeben. „Wir haben dort knapp 17 Milliarden Euro in Projekten gebunden. Das Neugeschäft lag in den vergangenen fünf Jahren bei etwa acht Milliarden Euro“, unterstrich Hoyer. Vereinzelte Probleme habe man gelöst: „Bei allen Sorgen um die Finanzen in Griechenland – bei der Projektfinanzierung hat das Land bisher jeden Cent bezahlt.“
Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist für die Umsetzung des sogenannten Juncker-Plans zuständig, der die Wirtschaft in den EU-Staaten ankurbeln soll. Das Programm soll im September starten und bis 2017 insgesamt 315 Milliarden Euro mobilisieren.