Europäische Kommission Neue Sozialbehörde ELA wird Millionen kosten

EU-Kommissionspräsident Juncker Quelle: imago images

EU-Kommissionspräsident Juncker schlägt eine Agentur vor, die im Jahr über 50 Millionen Euro kosten wird. Die Behörde soll Firmen und Arbeitnehmern helfen, bei der komplizierten neuen Entsenderichtlinie durchzublicken.

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An diesem Dienstag wird die EU-Kommission ihr jüngstes Projekt im Bereich Soziales vorlegen: Eine Agentur für Arbeit, ELA abgekürzt, nach dem englischen Titel European Labour Authority. 52 Millionen Euro im Jahr soll die neue Behörde kosten, wenn sie ab 2023 ihre volle Größe erreicht hat. Dies geht aus dem Verordnungsentwurf hervor, der der WirtschaftsWoche vorliegt. Die Behörde soll sich vor allem um EU-Bürger kümmern, die in einem anderen Land arbeiten. Aktuell sind das rund zwölf Millionen Menschen, was 3,7 Prozent der Beschäftigten in der EU entspricht.

Bedarf für die Behörde entsteht allerdings vor allem, weil eine Reform die Entsenderichtlinie unnötig verkompliziert. Auf Betreiben Frankreichs und mit tatkräftiger Unterstützung aus Deutschland wird die EU-Entsenderichtlinie so verändert, dass künftig auch Dienstreisen darunter fallen. Arbeitgeber müssen Mitarbeiter künftig schon ab dem ersten Tag im EU-Ausland nach den Regeln des Entsendelandes entlohnen. Alle 28 EU-Mitgliedsstaaten sollen Webseiten mit Lohninformationen und Tarifverträgen erstellen, damit Unternehmen wissen, wie viel sie bezahlen müssen. Wenn Unternehmen angesichts der vielen unterschiedlichen Regelungen nicht durchblicken, dann soll die neue Behörde weiter helfen.

Die ELA ist ein Herzensprojekt von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der großen Wert auf soziale Themen legt. Er spricht gerne von einem „Europa, das schützt“, wie es auch der französische Präsident Emmanuel Macron tut. „Damit Europa gelingt, darf es den Arbeitnehmern nicht die kalte Schulter zeigen“, betonte Juncker im vergangenen September, als er die ELA zum ersten Mal ankündigte. Auf Junckers Initiative hat die EU im vergangenen Herbst auf einem eigenen Gipfel auch eine Säule der Europäischen Rechte erlassen.

Der EU-Kommission geht es beim aktuellen Vorschlag freilich nicht nur um die Arbeitnehmer, sondern um den eigenen Einflussbereich. Den will sie gerne erweitern. So soll die neue Behörde bei Umstrukturierungen, die mehr als ein Land betreffen, oder bei Großprojekten in Grenzregionen zwischen betroffenen Gruppen koordinieren können. Bei Konflikten zwischen Mitgliedsstaaten bietet sich die Behörde als Schlichter an. Es ist offensichtlich, dass die EU-Kommission, die im Bereich Soziales wenige Kompetenzen hat, die eigene Macht mehren will.

Der Sitz der neuen Behörde steht noch nicht fest und muss von den Mitgliedsstaaten bestimmt werden. Um den Standort wird absehbar ein heftiger Streit ausbrechen, wie dies jüngst der Fall war, als die beiden bisher in London angesiedelten EU-Agenturen für Medikamente (EMA) und Bankenaufsicht (EBA) eine neue Heimat suchten. Vor allem die neuen Mitgliedsstaaten versprechen sich Prestige, wenn sie eine EU-Behörde ansiedeln können. Frankfurt hatte sich beste Chance auf die EBA ausgerechnet, wurde jedoch von Paris geschlagen, nachdem die französische Regierung sehr viel geschicktere Lobby-Arbeit geleistet hatte. Da sich Amsterdam die EMA gesichert hat und somit beide Agenturen nach Westeuropa gingen, hat diesmal ein osteuropäisches Land gute Chancen auf den Zuschlag.

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