Europäische Union EU-Beamte wollen wegen 2,5 Stunden Mehrarbeit streiken

Trotz hoher Gehälter in den Arbeitskampf: Die Beamten der Europäischen Union drohen zu streiken, weil sie 2,5 Stunden mehr pro Woche arbeiten sollen. Der Bund der Steuerzahler nennt dieses Gebaren dreist.

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"Der Rat will unseren Tod." So heißt es nach Informationen der "Bild"-Zeitung in einem Brief, den die Gewerkschaften der EU-Beamten an die Präsidenten ihrer Arbeitgeber, die Brüsseler EU-Institutionen, geschickt haben. Dabei geht es um personelle Sparmaßnahmen, auf die sich die 27 Mitgliedsländer der Europäischen Union (EU) vor kurzem geeinigt haben. So soll die wöchentliche Arbeitszeit von 37,5 auf 40 Stunden erhöht, das Renteneintrittsalter und der Rentenbeitrag erhöht werden.

Die nun angekündigten Streiks dürften für Verwirrung und Unverständnis in den Mitgliedsstaaten sorgen, da eine erst unlängst aufgeflammte Debatte um die Gehälter von EU-Beamten für zahlreiche Kritik gesorgt hat. Der britische Premierminister David Cameron hatte Nachforschungen anstellen lassen, und auch der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler (FDP) hatte bei der Bundesregierung nachgehakt, wie viel ein Beamter im Dienste der Europäischen Union eigentlich verdient.

Dabei kam heraus, dass die einige Beamten der EU Saläre erhalten, die teilweise die eines Bundeskanzlers oder auch des Bundespräsidenten übersteigen. Nach Berechnungen der "Welt" übersteigt so beispielsweise das Gehalt eines Leitenden Rechtsrats (Gehaltsstufe 13, 5. Dienstaltersstufe, verheiratet und ein Kind) schon mehr als Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die arbeitet mehr als 40 Stunden in der Woche und hat mit Sicherheit Verantwortung für mehr "als ein paar dutzend Beamte", wie die Welt zur Zuständigkeit eines Rechtsrats erklärt.

Beamte in der Position eines leitenden Rechtsrats gibt es in der EU-Verwaltung in Brüssel mehr als 4000, aber auch in den niedrigeren Hierarchieebenen verdienen Beamte in Brüssel prächtig. So liegt der Gehalt eines, bei der EU angestellten Übersetzers mit knapp 7900 Euro auf einem ähnlichen Niveau wie ein deutscher Bundestagsabgeordneter. Auf dieser Gehaltsstufe gibt es rund 26.000 Beamte.

Die EU-Kommission rechtfertigt diese hohen Bezüge bisher damit, dass man sich auf einem harten Markt behaupten müsse. Die Uno oder der Internationale Währungsfond zahlen ähnlich hohe Gehälter, wenn man gute Mitarbeiter wolle, müsse man das eben in Kauf nehmen. Ebenso erklärte Maros Sefcovic, Vizepräsident der EU-Kommission, gegenüber der "Süddeutschen Zeitung", dass EU-Mitarbeiter "„gute Spezialisten, die den Konzerngiganten der Welt gegenübertreten können und den Top-Bankern, die mit absolut unvergleichbaren Gehältern nach Hause gehen’’ sind.

"EU-Beamte leben in einem Schlaraffenland"

Das EU-Parlament in Brüssel. Kommenden Mittwoch will dessen Verwaltung wegen Sparmaßnahmen die Arbeit niederlegen. Quelle: dpa

Dass die hochbezahlten EU-Fachleute jetzt wegen 30 Minuten täglicher Arbeitszeit mehr ihre Arbeit niederlegen wollen, stößt auf Irritationen und Verärgerung. "Der Beamtendienst der EU ist der bestbezahlte in Europa. Selbst gegenüber der deutschen Beamtenschaft leben EU-Beamte in einem Schlaraffenland", erklärte Reiner Holznagel, Präsident des deutschen Bundes der Steuerzahler erst im Februar gegenüber der Welt. Er forderte: "Sowohl die Bezahlung, die steuerliche Behandlung als auch die generösen Pensionsregelungen müssen dringend reformiert werden."

Die größten Netto-Zahler der EU
Touristen in Helsinki Quelle: dapd
Eine Windkraftanlage nahe Dänemark Quelle: dapd
Der Wiener Opernball Quelle: dpa
Da Atomium in Belgien Quelle: REUTERS
Eine Mitarbeiterin in der Schwedischen Botschaft in Minsk Quelle: REUTERS
Frau Antje Quelle: AP
Das Colosseum Quelle: REUTERS

Dass die Beamten aufgrund der Kürzung ihrer Privilegien und einer Erhöhung der Arbeitszeit am kommenden Mittwoch in einen Streik treten wollen, bringt Holznagel aus der Fassung, wie er gegenüber WirtschaftsWoche Online erklärt: "Dieser Streik entbehrt jeglicher Grundlage, er ist absurd und aus meiner Sicht auch dreist."

Nach Information der "Bild"-Zeitung wollen sich die rund 46.000 Beamten der EU mit massiven Protesten gegen die geplanten Einsparungen einsetzen. Im Gegensatz zu deutschen Beamten dürfen Mitarbeiter im Dienste der Europäischen Union in einen Streik treten. Schon im Februar hatten sie ihre Arbeit niedergelegt um gegen eine Kürzung des Verwaltungsetats der EU zu protestieren.

Dass die Mitarbeiter der EU, die von ihren Mitgliedsstaaten teilweise hohe Sparmaßnahmen erwarten, selbst nicht sparen wollen, stößt bei vielen nun auf Verärgerung. "Diese moderaten Einschnitte als Zumutung zu empfinden und mit Streik zu drohen, ist keinem Bürger in Europa zu erklären. Denn letztlich geht es bei den EU-Beamten um Anpassungen, die in den Nationalstaaten Normalität sind", so Reiner Holznagel.

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