Es wird eine Nachtsitzung erwartet. Am heutigen Dienstag kommen die Umweltminister der EU-Mitgliedsstaaten in Luxemburg zusammen, und der Streit um die genaue Ausgestaltung der Klimapolitik dürfte sich erst nach hartem Ringen auflösen lassen. Die Bundesregierung hat eine Einigung erschwert, indem sie fordert, dass die Einnahmen aus dem geplanten neuen Emissionshandel für Heizung und Verkehr verstärkt im Inland bleiben sollen und weniger für den Klimasozialfonds zur Umverteilung in schwächere EU-Mitgliedsstaaten zur Verfügung stehen wird. Solidarität? Bei diesem Thema nur in eingeschränkter Form, wenn es nach Berlin geht.
Dieses Vorgehen könnte sich bitter rächen. Wer auf den letzten Metern den Klimasozialfonds untergräbt, wird bei anderen Themen nicht mit der Solidarität von EU-Ländern rechnen können. Etwa wenn die im kommenden Winter ihre Gasvorräte teilen sollen. Per Verordnung haben sich die EU-Mitgliedsstaaten bei Engpässen zu gegenseitiger Hilfe verpflichtet. Aber wer anderen Hilfe verwehrt, kann nicht selektiv auf Solidarität pochen.
Deutschlands Verhältnis zur Solidarität auf EU-Ebene ist ohnehin schon seit Jahren ein sehr schwieriges. Zwar ist das Land Nettozahler, in der Pro-Kopf-Betrachtung aber nicht der größte, wie das so gerne dargestellt wird. Beim Thema Migration hatte Deutschland über Jahre Frontstaaten wie Italien alleine gelassen. Und in der Eurokrise kam aus Berlin die berechtigte Ansage, Staaten müssten selbstverschuldete Notlagen auch ausbaden. Dasselbe Argument könnten deutsche Nachbarn nun auch anbringen. Deutschlands drohender Gas-Notstand ist selbst verschuldet. Wenn Deutschlands im kommenden Winter an die europäische Solidarität appellieren wird, dann wird das zwangsläufig ein wenig heuchlerisch klingen.
Dieser Beitrag entstammt dem WiWo-Newsletter Daily Punch. Der Newsletter liefert Ihnen den täglichen Kommentar aus der WiWo-Redaktion ins Postfach. Immer auf den Punkt, immer mit Punch. Außerdem im Punch: der Überblick über die fünf wichtigsten Themen des Tages. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.