Europäische Union Die Armut dominiert in Bulgarien

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Separate Schulen für Roma

Die größten Nettoempfänger der EU
Ein bulgarischer Landwirt hält eine Nationalflagge während Protesten in Sofia Quelle: dpa
Eine Frau mit einer Rumänischen Flagge Quelle: dapd
Blitze über Bratislava Quelle: dpa
Die Altstadt von Vilnius Quelle: AP
Blick aus dem Rathausturm in Prag Quelle: dpa
Die Projektion der portugiesischen auf einem historischen Gebäude Quelle: REUTERS
Das ungarische Parlament Quelle: dpa

Um die Not der Roma zu lindern, hatte die bulgarische Regierung 2005 einen Zehnjahresplan aufgelegt: „Die Dekade der Roma-Inklusion“. Der dafür reservierte Betrag ließ die Umsetzung allerdings zweifelhaft erscheinen, sagt Sonja Schüler, Roma-Expertin an der Universität Freiburg in der Schweiz. 3,7 Millionen Euro im Jahr will Sofia im Rahmen dieses Plans für Maßnahmen zur Integration der Roma ausgeben, deutlich weniger als sechs Euro pro einzelnen Angehörigen der Volksgruppe.

Brüssel fördert die Minderheit in Bulgarien mit vielen Milliarden Euro, doch große Teile des Geldes versickern in dunklen Kanälen, berichten Beteiligte in Varna. Ein beliebtes Modell: Vertreter der lokalen Behörden gründen im Verbund mit örtlichen Mafiagrößen zum Schein eine Nichtregierungsorganisation (NGO), schreiben einen Pseudoprojektvorschlag und streichen EU-Gelder ein. Vor allem die bulgarische Mafia hat kein Interesse an einer Verbesserung der Situation der Roma: Solange die bittere Armut anhält, bleiben sie für die Geschäftsfelder Drogen, Organhandel, Kinderhandel und Prostitution nützlich.

Hilfe kommt von anderer Stelle, wenn auch in kleinen Schritten. Vom Roma-Ghetto in Varna ist es nicht weit zur Grundschule. Dort treffen wir die Schulleiterin Pavlina Mandajiewa. In der vierten Klasse steht Natur und Technik auf dem Stundenplan. Mandajiewa erklärt die Erdanziehung, die 26 Schüler hören gespannt zu.

Unter ihnen sind auch drei Roma-Kinder. Ungewöhnlich in Bulgarien, wo die Politik bisher eine strikte Trennung verfolgte: Für Roma-Kinder gibt es eigene Schulen. Einer, der dieses ändern möchte, ist Frank Abbas. „Der Aufstieg der Roma kann nur funktionieren, wenn die strikte Trennung aufgehoben wird“, sagt der Deutsche. Auch Schulleiterin Mandajiewa hält nichts von separatem Unterricht, Diskriminierung sei das.

Vor acht Jahren kam Abbas nach Varna. Eigentlich wollte der gebürtige Bremer in Bulgarien eine Spedition gründen. Doch als er die Not der Roma sah, begrub er den Plan und rief eine NGO ins Leben. Das wichtigste Ziel: der ethnischen Minderheit den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Immer wieder redete er auf die Behörden in Varna ein, sie möchten die Grundschule doch auch für Roma-Kinder öffnen. Schließlich gaben die Beamten nach. Mehr als 300 junge Leute aus den Mahalas in Varna hat Abbas bis heute in die Schulen am Ort gebracht.

Doch es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Noch immer hat der Deutsche, dessen NGO sich nur aus Spenden finanziert, in der Stadtverwaltung viele Gegner, die örtliche Mafia bekämpft ihn sowieso. Immerhin kommt nun Unterstützung aus Teilen der deutschen Wirtschaft in Bulgarien. Der örtliche Daimler-Statthalter Manfred Multz etwa macht sich unter anderem dafür stark, das Roma-Schulabgänger auch einen Platz in den von Deutschen finanzierten Berufsbildungszentren finden.

Der 20-jährige Elia Schopow etwa wäre ein Kandidat. Auf Abbass’ Drängen holt er in einer Abendschule zurzeit den Abschluss nach.

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