WirtschaftsWoche: Herr Feld, der Euro hat in den vergangenen Monaten stark an Wert verloren, zuletzt wurde gar die Parität zum Dollar erreicht. Wie nachhaltig ist die aktuelle Euro-Schwäche?
Lars Feld: Schwer zu sagen. Wechselkursprognosen sind immer riskant. Da gilt oft: Die beste Prognose für den Kurs von morgen ist der von heute.
Man kann gleichwohl sagen, dass die Parität von Euro und Dollar nicht nur den aktuellen Zinsunterschieden zwischen den USA und Europa geschuldet ist. Es gibt auch realwirtschaftliche Gründe, die den Dollar stärken.
Nämlich?
Insgesamt sind die Wirtschaftsaussichten für die USA günstiger als für den Euro-Raum – selbst wenn die restriktivere Geldpolitik der US-Notenbank zu einer Rezession führen sollte. Die USA sind energiepolitisch weitgehend autark und von den Folgen des Ukrainekriegs wenig betroffen. Die weltweit steigende Nachfrage nach Rüstungsgütern wird der US-Wirtschaft zudem einen Schub geben.
Zur Person
Lars Feld ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Leiter des dortigen Walter Eucken-Instituts. Der Ökonom ist zudem wirtschaftspolitischer Berater von Finanzminister Christian Lindner. Von 2011 bis 2021 war Feld Mitglied der „Wirtschaftsweisen“, zuletzt auch deren Vorsitzender.
Zuletzt gab es die Euro-Dollar-Parität vor 20 Jahren. Wie unterscheidet sich das ökonomische Umfeld damals und heute?
Es gibt frappierende Parallelen. Damals war Deutschland wirtschaftlich der kranke Mann Europas, heute sind wir das Land, das von der Energiekrise wegen der Abhängigkeit von Russland am stärksten betroffen ist. Für die Stabilität des Euro ist der Zustand der deutschen Wirtschaft von großer Bedeutung. Deutschland ist das Rückgrat der Währungsunion. Wenn es bei uns schlecht läuft, werden die anderen Mitgliedstaaten mit runtergezogen, und die Währung gleich mit. Derzeit müssen wir leider feststellen: Unter dem Strich nimmt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie ab, obwohl der Wechselkurs nach unten geht. Hauptgrund sind die teuren Energieimporte.
Das Spiegelbild des schwachen Euro ist der starke Dollar. Was bedeutet die aktuelle Dollaraufwertung für die Weltwirtschaft?
Der starke Dollar könnte in Schwellen- und Entwicklungsländern zu neuen Schuldenkrisen führen. Da gibt es durchaus Parallelen zu den Achtzigerjahren. Viele Staaten haben sich ja zum Teil in Dollar verschuldet und bekommen nun wegen des Wechselkurses zunehmende Probleme, ihren Schuldendienst zu leisten.
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