Europwahl So kämpfen die deutschen Parteien um die Macht in Brüssel

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Die Linke: Kommunisten gegen Reformer

Bei den Linken dreht sich derzeit viel um ein einziges Wort: „Militaristisch“, so sehen Teile der Partei die Rolle der Europäischen Union. Der Begriff hat es in den Leitantrag des Parteivorstands zum Programm zur Europawahl geschafft. Nach heftiger Kritik wollen sich führende Parteimitglieder plötzlich wieder davon distanzieren. Als „nicht ganz gelungen“, bezeichnet Gregor Gysi die Formulierung. Die Parteivorsitzenden Bernd Riexinger und Katja Kipping wollen nun, dass der Europaparteitag der Linken in Hamburg kommende Woche die Passagen aus der Präambel streicht. Nur so könne es gelingen, dass sich die Partei langfristig für Regierungsbündnisse mit SPD und Grünen öffnet.

Doch auch ohne Streichung umstrittener Begriffe bleibt die Linke eine Partei der Europa-Verächter. Gysi und Co wollen sich zwar gerne als europafreundlich positionieren. Doch in dem Europa-Wahlprogramm der Linken wimmelt es an Grundsatzkritik an Brüssel. Die Linke lehnt den Lissabon-Vertrag ab und fordert neue Referenden über die EU in den Nationalstaaten. Sie fordert zudem den Austritt aus der Nato. Vor allem den Finanzsektor will sie an die Kandare nehmen. Die Banken-Union lehnt sie ab. Stattdessen will die Linke private Großbanken „in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung überführen“. Der Verstaatlichung des Finanzsektors folgt ein klarer Auftrag an die Europäische Zentralbank (EZB) zum Gelddrucken: Die EZB solle die Staaten in der Euro-Zone „direkt finanzieren“ – am besten über die Einführung gemeinsamer Staatsanleihen aller Euro-Staaten.

Gleichheit statt Wettbewerb gilt für die Linke auch als Mantra ihrer Sozialpolitik. Ein Mindestlohn in Höhe von 60 Prozent des jeweiligen nationalen Durchschnittslohns wolle die Linke verbindlich festschreiben, flankiert mit einer verbindlichen Höchstarbeitszeit von 40 Stunden die Woche. Eine soziale Mindestsicherung sei „unabhängig von der Erwerbsbiografie, Herkunft oder Nationalität“ am Wohnort zu zahlen.

Auf dem Parteitag in Hamburg wird sich entscheiden, wie viel radikale Kommunisten in den Europa-Wahlkampf einziehen werden. Unumstrittene Spitzenkandidatin der Linken wird Gabi Zimmer, frühere Vorsitzende der PDS. Doch um die hinteren Listenplätze gibt es Gerangel. Die ostdeutschen Reformer um Fraktionschef Gysi schicken eine Alternativliste ins Rennen: Sie beinhaltet weniger Alt-Kommunisten und mehr Reformer.

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