Europwahl So kämpfen die deutschen Parteien um die Macht in Brüssel

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FDP: Liberale im Zwiespalt

Die FDP tut sich in den vergangenen Jahren zunehmend schwer mit dem kontinentalen Staatenzusammenschluss. Jahrzehntelang sahen sich die Liberalen als die Europapartei. Außenminister und Altmeister Hans-Dietrich Genscher galt als Galionsfigur für diese Haltung.  Aber mit dem immer engermaschigen Netz aus Brüsseler Vorschriften (die freilich nicht selten aus den nationalen Mitgliedstaaten angeschoben werden) haben immer mehr Freiheitsfreunde Probleme.

Vor allem der Euro-Rettungskurs spaltete die Freidemokraten. Denn die drei Grundlinien der Partei gerieten hier in Konflikt: Die Rechtsstaatspartei und die Vereinigung wirtschaftlicher Vernunft kollidierten mit dem Europa-Fanclub. Die Gemeinschaftswährung ließ sich nur mit ökonomisch fragwürdigen Mitteln und unter Rechtsbrüchen stabilisieren. Beim Mitgliederentscheid kamen die Gegner der Eurorettung auf rund 40 Prozent!

Der neue Parteivorsitzende Christian Lindner versucht nun den Spagat: Ja zu Europa – aber: „Wir wollen Europa besser machen.“ Seine Grundhaltung beschreibt er so: „Europa braucht für seine Zukunft nicht mehr Skepsis oder mehr Romantik, sondern mehr Realismus und Bürgernähe.“ Klarer als früher will die FDP nun die bisweilen in Brüssel rasende Regelungswut anprangern. Sie wolle „ein Europa, das nicht zu einer paternalistischen Superbehörde wird“, warnt Lindner. „Kommissare, die darüber nachdenken, das Olivenölkännchen auf Restauranttischen zu verbieten, machen unser liberales Europa kaputt.“

In ihrem Wahlprogramm wirbt die FDP deshalb für „eine schlanke, aber starke EU“. Insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik müsse Europa häufiger und entschiedener mit einer Stimme sprechen und geschlossen auftreten, um im Konzert der Welt(wirtschafts-)Mächte weiter mitspielen zu können.

Schwierig ist auch das Verhältnis zu den Befugnissen für das Europäische Parlament. Ewig klingt das liberale Mantra, dass die EU an einem Demokratiedefizit leide, weshalb die Rechte des Parlaments weiter gestärkt werden müssten. Aber natürlich nicht so weit, dass die Abgeordneten in Straßburg über die Rettungsschirme oder Hilfsprogramme mitreden dürften. Da soll der nationale Vorbehalt gelten, wonach nichts ohne die Zustimmung des Bundestages geschehen darf.

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