Eurozone Kampf gegen die Deflation – oder: was die EZB wirklich plant!

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Eine Beispielrechnung, wann Italien eine Schuldenquote von 60% erreichen könnte

Für dauerhaft niedrige Zinsen hat die EZB weithin gesorgt, das reale Wachstum kann sie aber nur bedingt beeinflussen. Die verbleibende Zielgröße ist also die Inflation – aber sicher nicht die offiziell genannten zwei Prozent. Laut Schätzung der EU-Kommission hat Italien 2014 eine reale Schrumpfung des BIP um 0,5 Prozent erlitten,  bei fast stabilen Preisen (Inflationsrate 0,2 Prozent). Die Staatsschuld betrug 131,9 Prozent des BIP. In diesem Jahr soll das BIP real um 0,6 Prozent steigen bei leicht rückläufigen Preisen (Inflationsrate minus 0,3 Prozent).

Der Schuldenquotient stiege auf 133 Prozent. Daraus errechnet sich ein Schuldenanstieg um 1,2 Prozent. Das entspricht annähernd der aktuellen Rendite zehnjähriger italienischer  Staatsanleihen. Diese Daten zum Status Quo sollen Ausgangspunkt einer Beispielrechnung sein.

    

Wie viel Jahre es dauerte, bis Italiens Schuldenquote unter verschiedenen Annahmen zu Schuldenentwicklung und nominalem Wirtschaftswachstum das Maastricht-Kriterium von 60 Prozent erreichte  

 

nominales BIP-Wachstum (in Prozent)

3,5

4,0

4,59,6

10,3

10,7

Schuldenwachstum
(in Prozent)

1,5

40 Jahre

32

Jahre

26 Jahre

10 Jahre

 

 

2,0

52 Jahre

40 Jahre

32 Jahre

 

10 Jahre

 

2,5

80

54

40

 

 

10 Jahre

 

Stünde Italien bei einer Schuldenquote von 130 Prozent und wollte das Maastricht-Kriterium von 60 Prozent, dann würde dieser Prozess die in der Tabelle genannten Jahre beanspruchen,  unter der Annahme verschiedener nominaler Wachstumsraten für das Bruttoinlandsprodukt und verschiedener Raten, mit denen der Schuldenstand wächst. Die Zeitspannen reichen von 26 Jahren im günstigsten Fall bis zu 80 Jahren im ungünstigsten Fall. In solchen Zeiträume wird niemand ernsthaft denken.

Würde man alternativ und modellhaft annehmen, dass Italien sämtliche Schulden jetzt mit einem zehnjährigen Bond und einer Verzinsung von 1,5 Prozent refinanziert, über die Laufzeit einen ausgeglichenen Primärhaushalt erzielt - also ohne Tilgung, aber auch ohne Neuverschuldung - und man wollte bei Fälligkeit des Bonds das Maastricht-Kriterium von 60 Prozent erreicht haben, dann müsste das nominale jährliche Wirtschaftswachstum in dieser Zeit durchschnittlich 9,6 Prozent erreichen. Wenn davon das reale Wachstum bei durchschnittlich 1,5 Prozent läge, müsste die Inflation gleichzeitig bei über acht Prozent liegen.

Würde die Rate, mit der die Schulden wachsen (etwa bei leicht ungünstiger Entwicklung der Zinsen, lediglich auf 2,5 Prozent steigen) müsste bei sonst gleichen Bedingungen das nominale jährliche BIP-Wachstum im Schnitt bereits 10,7 Prozent erreichen. Die Inflation näherte sich also schon fast der Zehn-Prozent-Marke an.

Und das in einem Umfeld niedriger Zinsen!

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