Eurozone Kampf gegen die Deflation – oder: was die EZB wirklich plant!

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Wer von der Euroschwäche profitierte

Ist nun der Euro stark genug geschwächt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die steigenden Importpreise in die Binnenwirtschaft hineinfressen und die Inflation anheizen. Europa hat starke Gewerkschaften , und nach der Teuerung kommt der Teuerungsausgleich – mindestens. In Italien weiß noch jeder, was die Scala Mobile ist.

Zugegeben, im Augenblick ist von Inflation keine Spur. Vielmehr bejubeln Ökonomen den Ölpreiskollaps als Konjunkturprogramm für Unternehmen und private Haushalte, aber die Gegenbewegung wird kommen­ -  und ist ansatzweise bereits da. Nachdem im Januar der HWWI-Rohstoffpreisindex gegenüber dem Dezemberdurchschnitt in Dollar ölpreisbedingt noch einmal um 17 Prozent gefallen war,  betrug derselbe Preisrückgang in Euro gerechnet nur 11,8 Prozent.

Die volle Wirkung niedriger Rohstoffpreise auf den Weltmärkten kommt in der Eurozone nicht mehr an. Und ihre Halbwertzeit kann in Wochen gemessen werden. Der Ölpreis der Sorte Brent ist in den vergangenen vier Wochen in Dollar gerechnet um gut 25 Prozent gestiegen.

Sicher, die europäische Exportwirtschaft profitiert von der Euroschwäche. Aber ist es nicht vornehmlich der deutsche Exportweltmeister, der Windfall Profits über die Währung erzielt, weil Deutschland und die notleidenden Südländer bekanntlich dieselbe Währung haben und sich so kein vernünftiger Wettbewerbsvorteil der Südländer gewinnen lässt? An den deutschen Export aber denkt EZB-Präsident Mario Draghi aber gewiss nicht an erster Stelle.

Sein Blick ist auf etwas ganz anderes gerichtet: Die Schuldenquote in den Problemländern, also das Verhältnis von Staatsschulden zur jährlichen Wirtschaftsleistung.

Der Instrumentenkasten der EZB

In den Verträgen von Maastricht wurde für diese Kennziffer eine Höchstgrenze von 60 Prozent vereinbart. In Griechenland liegt sie inzwischen bei 176 Prozent und in Italien bei 132 Prozent, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Der Quotient ist eine dynamische Größe. Der Schuldenstand im Zähler wächst mit einer Wachstumsrate,  die näherungsweise dem durchschnittlichen Zins auf die Schuld entsprechen dürfte. Die Bezugsgröße im Nenner - das Bruttoinlandsprodukt (BIP) - wächst jährlich in Höhe des nominalen Wirtschaftswachstums, also in Höhe des realen Wachstums plus Inflationsrate. Damit ist klar, dass sich mittels einer starken Inflationierung der Wirtschaft über die Zeit eine kräftige Verbesserung der relativen Schuldensituation erreichen lässt, sofern die Zinsen niedrig bleiben. Der verschuldete Staat wird zum  Inflationsgewinner.

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