
Jürgen Stark ist bekannt für seine offenen Worte der Kritik. Vielfach äußerte der ehemalige Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB) seinen Unmut über die EZB-Strategie. Auch seinen Rücktritt begründete er letztlich politisch: aus Protest gegen die Staatsanleihenkäufe. Nun hat er die vermeintlichen Währungshüter in einem Abschiedsbrief an die 1.600 Beschäftigten der Notenbank erneut heftig kritisiert.
In dem Brief, aus dem der "Spiegel" zitiert, schreibt Stark, die Mitglieder des EZB-Rats hätten Entscheidungen getroffen, „die das Mandat der EZB ins Extreme gedehnt haben". Außerdem sei es eine "Illusion zu glauben, dass die Geldpolitik große strukturelle und fiskalische Probleme in der Eurozone lösen kann“. Dadurch, dass die Notenbank durch Anleihen-Aufkäufe "unter fiskalischer Dominanz operiere", bestehe ein hohes Risiko.
Bereits im Dezember erklärte Stark in einem Interview mit der WirtschaftsWoche, dass sein Rücktritt vornehmlich politische Gründe habe. Bis zu diesem Zeitpunkt schwieg der ehemalige Chefvolkswirt der EZB über die Hintergründe seines Abschieds. Stark erklärte: "Da gibt es ein großes Thema, das dies begründet: dass ich nicht zufrieden bin, wie sich diese Währungsunion entwickelt hat. Punkt.“
Fed als leuchtendes Beispiel falsch
Weiterhin sprach Stark davon, dass es eine fundamentale Ausrichtung der europäischen Währungsunion sei, die monetäre Finanzierung von Staatsschulden durch die EZB nicht zuzulassen. "Es sind rund 90 Prozent der selbst ernannten oder wirklichen Experten rund um den Globus, die der EZB sagen, es geht jetzt nur noch mit der großen Bazooka - und dabei wird die Politik der US-Notenbank Fed als leuchtendes Beispiel hingestellt", so Stark. Dies sei aber falsch. Dahinter stecke ein Unverständnis des institutionellen Rahmens.
Wann immer in der Geschichte sich eine Notenbank der Haushaltspolitik untergeordnet habe, musste sie Zugeständnisse bei ihrer eigentlichen Aufgabe machen, den Geldwert stabil zu halten, schrieb Stark an seine ehemaligen Mitarbeiter.