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EZB-Direktorin Lautenschläger zweifelt an Anleihen-Kaufprogramm

EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger zweifelt nicht nur an den konjunkturellen Wirkungen des Anleihen-Kaufprogramms. Auch den Geschäftsmodellen einiger deutscher Banken steht sie kritisch gegenüber.

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Sabine Lautenschläger Quelle: dpa

In der Europäischen Zentralbank (EZB) gibt es Zweifel an den konjunkturellen Auswirkungen des milliardenschweren Kaufprogramms für Staatsanleihen. „Bei den niedrigen Zinsen in der Euro-Zone habe ich Zweifel, ob die konjunkturellen Effekte des Kaufprogramms die gewünschte Größenordnung erreichen können“, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger im Gespräch mit unserer Redaktion.

Die langfristigen Renditen auf dem Anleihemarkt seien im Euro-Raum schon vor Beginn des Kaufprogramms auf einem sehr niedrigen Niveau gewesen. „Die Erfahrungen der USA zeigen aber, dass Käufe von Staatsanleihen umso stärker wirken, je höher die betreffenden Renditen sind.“

Lautenschläger warnte, die Niedrigzinsen könnten zur Bildung von Preisblasen an den Vermögensmärkten führen. „Bei niedrigen Zinsen steigt die Gefahr von zu riskantem Anlageverhalten, es können sich leicht Überhitzungen oder Preisblasen in anderen Vermögensklassen bilden“.

Die Reaktionen zum OMT-Programm

Zudem drohten die niedrigen Zinsen die Reformanstrengungen der Regierungen erlahmen zu lassen. „Ich sehe durchaus die Gefahr, dass die niedrigen Finanzierungskosten den Druck auf die Regierungen mindern, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren und die nötigen Strukturreformen anzupacken. Eine expansive Geldpolitik kann nur einen Anstoß für mehr Wachstum geben. Die entscheidenden Impulse müssen von der Wirtschaftspolitik kommen.“

Die EZB hatte Ende Januar beschlossen, pro Monat für 60 Milliarden Euro Staatsanleihen und andere Wertpapiere zu kaufen. Das Programm ist bis September 2016 befristet. Die Käufe sollen die Finanzierungskosten auf breiter Front senken und die Kreditvergabe ankurbeln, um die Inflation zu steigern.

Ökonomen zu den Staatsanleihenkäufen der EZB

Skeptisch gegenüber der Geschäftsmodelle einiger deutscher Banken

Vor dem Hintergrund niedriger Zinsen sieht die EZB einige Geldinstitute in Deutschland vor wachsenden Schwierigkeiten. „Dazu kommt, dass gerade in Deutschland der Konkurrenz- und Preisdruck zwischen Banken besonders stark ist. Mittel- und langfristig werden manche Geschäftsmodelle daher in eine kritische Situation geraten“, sagte Lautenschläger. Sie fügte hinzu: „Wir müssen verhindern, dass Banken allein mit riskanteren Geschäften oder Einsparungen wie etwa mit Stellenabbau im Risikomanagement auf die niedrigen Zinsen reagieren.“

Die Bankenaufsicht reagiere auf ein erhöhtes Risiko in der Bilanz von Kreditinstituten mit der Forderung nach zusätzlichen Wertberichtigungen oder mehr Eigenkapital. „Außerdem fordern wir, dass Banken ihre internen Kontrollen und das Risikomanagement verbessern, etwa indem sie mehr Personal für diese Aufgaben beschäftigen“, unterstrich Lautenschläger. Für die Bankenaufsicht sei entscheidend, dass die Institute nicht nur Geschäft hereinholen, sondern die damit einhergehenden Risiken auch angemessen überwachten.

Lautenschläger sitzt seit Anfang 2014 als einzige Frau im mächtigen Direktorium der Europäischen Zentralbank, gleichzeitig ist sie Vize-Chefin der neuen Bankenaufsicht bei der EZB. Davor war sie Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank und oberste Bankenaufseherin bei der deutschen Finanzaufsichtsbehörde BaFin.

Lautenschläger plädiert für Trennung von Geldpolitik und Bankenaufsicht

Lautenschläger, die in der EZB sowohl für die Geldpolitik als auch für die Bankenaufsicht mitverantwortlich ist, plädierte zudem für eine Trennung beider Bereiche. „Alles, was zwischen Geldpolitik und Aufsicht läuft, geht über meinen Tisch. Und ich bin mir bewusst, dass ich in meiner Brückenfunktion zwischen beiden Bereichen vermitteln muss“, sagte Lautenschläger der WirtschaftsWoche. „Langfristig halte ich aber eine Trennung der beiden Aufgaben für die bessere Wahl.“

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