




Einmal im Jahr lädt die Europäische Zentralbank (EZB) ins portugiesische Sintra. Dann diskutieren dort in nobler Atmosphäre Top-Wissenschaftler und Zentralbanker unter der Leitung von EZB-Chef Mario Draghi über Grundsatzfragen der Geldpolitik. Akademische Diskussionen also – nichts was die Finanzmärkten in Aufregung versetzen sollte. Doch diesmal war es anders.
Am Dienstag bewegte Draghi die Märkte, als er seinen Auftritt in Sintra nutzte, der Geldpolitik der EZB einen neuen Zungenschlag zu verleihen. Statt wie bisher die konjunkturellen Abwärtsrisiken für Europa zu betonen, zeigte sich Draghi ungewohnt optimistisch. Setze sich der Aufschwung in Europa fort, erhalte die EZB Spielraum, den expansiven Kurs ihrer Geldpolitik etwas zurück zu fahren, sagte Draghi.
Auch was die Inflationsrisiken betrifft, zeigte er sich weniger alarmiert als bisher. Hatte der EZB-Chef bis vor kurzem noch gewarnt, die niedrige Inflation könne in eine Deflation umschlagen, so bezeichnete er den inflationsdämpfenden Rückgang der Energiepreise und die hohe Arbeitslosigkeit im Süden Europas nun als temporäre Faktoren. Die EZB könne daher getrost durch die Niedriginflationsphase „hindurch blicken“. Rhetorisch hat Draghi damit den Boden für einen allmählichen Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik bereitet.
Doch die Rhetorik ist das Eine, Taten sind das Andere. Beobachter bezweifeln, dass die EZB mit Blick auf die nach wie vor hohen Schulden der Staaten im Süden der Eurozone tatsächlich zu einem raschen Kurswechsel bereit ist. So gehen die Ökonomen der Commerzbank davon aus, dass die EZB frühestens Anfang nächsten Jahres damit beginnt, ihre Anleihekäufe zurück zu fahren.
EZB kauft monatlich für 60 Milliarden Euro Wertpapiere
Dabei wäre ein schnelles Ende nicht nur konjunkturell, sondern auch ordnungspolitisch dringend geboten. Monat für Monat kauft die EZB für 60 Milliarden Euro Wertpapiere. Im Gegenzug pumpt sie Zentralbankgeld in das Bankensystem. Neben Staatsanleihen und Pfandbriefen erwirbt sie Unternehmensanleihen. Seit Juni vergangenen Jahres hat sie dafür mehr als 95 Milliarden Euro locker gemacht. Bei den Papieren handelt es sich um in Euro denominierte Bonds von Unternehmen mit Sitz in der Euro-Zone.
Bisher blieb die genaue Zusammensetzung der Papiere im Dunkeln. Der Grund dafür: Nicht jede der sechs nationalen Zentralbanken, die die Anleihen im Auftrag der EZB erwerben, hat die Käufe publik gemacht. So gab es von der französischen Zentralbank gar keine Angaben zu ihren Käufen. Italiens Notenbank veröffentlichte nur die Wertpapierkennnummer der gekauften Bonds.