




So gut gelaunt wie an diesem warmen, sonnigen Julitag in Frankfurt gibt sich der EZB-Präsident selten. Richtig viel Zeit nimmt sich Mario Draghi bei seinen Ausführungen. Dabei gab es geldpolitisch nichts Neues. Der Leitzins bleibt niedrig wie er ist. Anfang Juni hatte die Zentralbank den Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken bei ihr Geld leihen, auf ein Rekordtief von 0,15 Prozent gesenkt und einen Strafzins von -0,1 Prozent für EZB-Einlagen von Banken verhängt, um die stockende Kreditvergabe vor allem in Südeuropa anzukurbeln.
„Die EZB kann nicht jeden Monat handeln“
Dafür überraschte Draghi mit anderen news: Die Notenbank werde sich ab Januar 2015 nur noch alle sechs Wochen über die Leitzinsen für die Eurozone entscheiden, kündete Draghi an. Jeden Monat werde an den Finanzmärkten die Erwartung erzeugt, die EZB solle handeln. „Aber die EZB kann und sollte nicht jeden Monat handeln“, so Draghi. Dafür sei die aktuelle Lage in der Eurozone zu komplex. Die Entschleunigung soll dazu beitragen, nicht alle vier Wochen von Spekulationen über ein Handeln der EZB getriebene Bewegungen an den Märkten zu provozieren.
Sechs Wochen statt vier Wochen? Das gibt den Notenbankern zwei Wochen mehr Ruhe, aber die Spekulationen werden an den Märkten dadurch sicherlich nicht weniger.
Weniger Spekulation könnte es eher geben, wenn die Notenbanker im Euroturm ihre Kommunikation mit den Finanzmärkten endlich detaillierter führten. Einen Schritt in die richtige Richtung macht Draghi immerhin. Ab Anfang 2015 will die Zentralbank – ähnlich wie die US-Notenbank Fed – Protokolle ihrer Ratssitzungen unmittelbar nach dem EZB-Spitzentreffen veröffentlichen.
An einer besseren Kommunikation mit den Märkten arbeiten die Banker nun schon seit vielen Monaten. Doch Details, was denn genau in so einem „EZB-Ratsprotokoll“ künftig drin stehen wird, konnte Draghi immer noch nicht nennen. Das sei eine komplizierte Sache, betonte der EZB-Präsident. Noch sei man sich nicht einig, wie ein solcher Bericht für die Öffentlichkeit aussehen soll – etwa mit oder ohne Namen wie die einzelnen Notenbanker zu den jeweiligen entscheidenden Punkten abgestimmt haben. Klar ist, je transparenter die EZB ihre Entscheidungen kommuniziert, umso weniger wird an den Finanzmärkten spekuliert.
Milliarden für marode Banken – ohne Einschränkung oder Strafe
Bei den ebenfalls angekündigten Liquiditätsspritzen für Banken, mit denen die EZB endlich die schleppende Kreditvergabe an Unternehmen vor allem im südlichen Euro-Raum ankurbeln will, liegt der Teufel im Detail.
Im September und Dezember dieses Jahres wird die EZB Banken zwei langfristige Geldleihgeschäfte (Targeted longer-term-refinancing operations, kurz TLTROs) anbieten. Im Juni sprach Draghi von einem Volumen in Höhe von 400 Milliarden Euro. Nun erhöht Draghi das Angebot auf maximal 1000 Milliarden Euro – eine wahre Geldflut für die Geldhäuser.
Je mehr Kredite die Banken an Unternehmen vergeben, desto höher ist die Summe, die sich die Banken günstig bei der EZB leihen können. Weitere sechs Leihgeschäfte sollen von März bis Juni 2016 im Quartalsrhythmus folgen. Steigern die Banken ihre Kreditvergabe damit nicht, müssen sie das Geld vorzeitig im September 2016 zurückzahlen.
Hierbei unterscheidet die EZB nun zwei Gruppen von Banken: Geldhäuser mit einer positiven Nettokreditvergabe zwischen Mai 2013 und April 2014 können in den folgenden Tendern Mittel in einer Höhe bis zum 3-fachen Volumen ihrer ab April 2014 durchgeführten Nettokreditvergabe aufnehmen. Das bedeutet: das maximale Volumen ist hier höher als erwartet. Für die EZB ist diese Unterscheidung wichtig, um Banken, die ihre Kreditvergabe nicht erhöhen, keinen zu starken Anreiz zur Beendigung des notwendigen Deleveraging-Prozesses zu geben.
Schleppende Nachfrage nach Krediten
Doch eine Strafgebühr für Banken, die das Geld nicht an Kredite für Unternehmen weiterreichen, wird es von der EZB nicht geben. Auch Einschränkungen, wofür die Banken das Geld verwenden, legt die Notenbank vorab nicht auf. Einzig ausgeschlossen ist die Vergabe von Hypothekenkrediten an Privathaushalte. Dem Kauf von Staatsanleihen ist damit Tor und Tür geöffnet. Das komplizierte langfristige Geldleihgeschäft der EZB in Milliardenhöhe könnte ihre Wirkung komplett verfehlen. Und das liegt vor allem daran, dass Unternehmen sich zurückhalten neue Kredite aufzunehmen.
Eine jüngste Studie der Förderbank KfW kommt zu dem Ergebnis, dass auch im zweiten Quartal das Kreditneugeschäft leicht unter dem Vorjahresniveau verharren werde. „Auch wenn das Kreditangebot noch so ausgezeichnet ist und die Zinsen auf niedrigem Niveau verharren: Die Unternehmen fragen nur wenig Kredite nach“, sagte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner.