EZB Helikoptergeld wird "nicht diskutiert"

Das höchst umstrittene Helikoptergeld wird laut führenden EZB-Politikern im Rat der Zentralbank nicht diskutiert. Die Protokolle der jüngsten Sitzung zeigen dafür, dass einige Notenbanker beim Strafzins Bedenken hatten.

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Die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main. Quelle: dpa

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat versucht, die aufkommende Diskussion um die Verteilung von Helikoptergeld wieder etwas einzudämmen. Darüber werde noch nicht einmal diskutiert, sagte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet am Donnerstag auf einer Notenbank-Konferenz in Frankfurt. "Das ist nicht auf dem Tisch". Ähnlich äußerte sich EZB-Vize Vítor Constâncio im Europa-Parlament.

Kritiker bleiben trotzdem skeptisch und fürchten, die Notenbank könnte mit der gefährlichen Waffe des Helikoptergeldes flirten.

EZB-Chef Mario Draghi hatte beim vergangenen Zinsentscheid im März erklärt, Helikoptergeld sei eine sehr interessante Idee. Bei vielen Beobachtern sorgte das für Verwunderung, denn eigentlich gilt das Geld aus dem Hubschrauber als akademische Diskussion und als letztes Mittel der Geldpolitik. Trotzdem wird das Mittel mittlerweile breit diskutiert, das schwedische Bankhaus Nordea hatte jüngst eine Summe von 1300 Euro ins Gespräch gebracht, die die Notenbank direkt an jeden Bürger der 19 Länder des Euro-Raums ausschütten könne.

Beim Helikoptergeld würde die Notenbank jedem Bürger in der Euro-Zone direkt Geld zukommen lassen, beispielsweise mit Hilfe eines Schecks. Die damit verbundene Hoffnung: die Verbraucher geben das Geld direkt aus und kurbeln damit Konjunktur und Inflation an. Befürworter hoffen, dass das von der EZB bereitgestellte Geld so direkt für Konsum eingesetzt würde, und nicht wie bisher in den Bilanzen der Banken versickert.

Noch will die EZB von Helikoptergeld nichts wissen. Dennoch bemühen sich die Notenbanker zu betonen, dass sie trotz ihres zuletzt umfangreichen Maßnahmenpakets noch mehr geldpolitische Möglichkeiten haben. Praet sagte in Frankfurt, die EZB habe noch genügend Pfeile im Köcher. "Falls es zu weiteren negativen Schocks kommen sollte, könnten wir unsere Maßnahmen erneut anpassen, um der Stärke des Gegenwindes zu begegnen."

Dabei würden mögliche Nebeneffekte berücksichtigt. Dass die Inflation weiter niedrig sei, liege nicht an einer ineffektiven Geldpolitik, sondern daran, dass die Wirtschaft in der Zwischenzeit von neuen dämpfenden Einflüssen getroffen worden sei. Die EZB strebt eine Inflation von knapp zwei Prozent an. Davon ist sie aber aktuell weit entfernt. Im März waren die Verbraucherpreise sogar um 0,1 Prozent gesunken.

Vorerst dürfte die Notenbank allerdings abwarten, wie ihre Maßnahmen wirken. Die Protokolle der Ratssitzung im März zeigen bereits, dass einige Ratsmitglieder Bedenken hatten. Das gilt vor allem für die Erhöhung des Strafzinses auf 0,4 Prozent. So wurde auf die Gefahr verwiesen, dass eine weitere Verschärfung der Strafzinsen die Gewinne der Banken übermäßig unter Druck setzen könne, was womöglich negative Folgen für die Stabilität des Bankensektors habe.

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