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EZB Mario Draghi: "Anleihekäufe kommen nicht zu spät"

Seit Montag läuft das milliardenschwere Anleihekaufprogramm der EZB. Mario Draghi betont, das billige Geld schütze die Euro-Zone vor Ansteckungsgefahren. Die Risiken hält er dagegen für "eingedämmt".

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So kreditwürdig sind die Eurostaaten
Das Centrum für europäische Politik (CEP) hat die Kreditfähigkeit der Euro-Staaten analysiert. Einen besonders intensiven Blick haben die Wissenschaftler auf Belgien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien geworfen. Das Resultat: die Probleme, die zur Euro-Krise geführt haben, bestehen weiterhin - und haben sich sogar auf weitere Länder ausgeweitet. Quelle: dpa
Die Kreditfähigkeit von Spanien nimmt erstmals seit Einführung des Euros zu. Die Ampel für Spaniens Kreditwürdigkeit steht auf grün, das CEP vergibt beim Schuldenindex eine Wertung von 2,3. Ein positiver Wert des CEP-Default-Indexes bei gleichzeitigem gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsüberschuss bedeutet: Das Land benötigt in der betrachteten Periode keine Auslandskredite, es steigert daher seine Kreditfähigkeit. Diese positive Entwicklung dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Land noch weitere Konsolidierungs- und Reformmaßnahmen umsetzen muss, um die in den Krisenjahren drastisch angestiegene Staatsverschuldung und die hohe Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Quelle: dpa
Auch für Irland steht die Ampel auf grün. Der ehemalige Krisenstaat hat, wie die kontinuierliche Zunahme der Kreditfähigkeit seit 2010 zeigt, die Krise überwunden. Der Schuldenindex beträgt 6,7, ist also deutlich positiv. Aufgabe muss es nun sein, die Investitionen, die auf fast Null gesunken sind, zu steigern, um die Wirtschaft wieder voran zu treiben. Quelle: dpa
Für Portugal zeigt die Ampel dagegen rotes Licht: Zwar erodiert die portugiesische Kreditfähigkeit noch immer. Der ununterbrochene Anstieg des Schuldenindexes seit 2011 zeigt jedoch, dass Portugal erhebliche Anstrengungen unternommen und Anpassungen bewältigt hat. Derzeit beträgt der Index -2. Unbeschadet dieser positiven Entwicklungen ist es allerdings fraglich, ob Portugal bereits ohne weitere Finanzhilfen auskommen wird, wenn das Anpassungsprogramm Mitte 2014 ausläuft. Quelle: dpa
Auch Italien gehört zu den Ländern mit einer "verfestigten abnehmenden Kreditfähigkeit", wie es beim CEP heißt. Die seit 2009 zu beobachtende Erosion der Kreditfähigkeit von Italien dauere an. Gegenüber 2012 habe sich der Verfall beschleunigt. Es sei fraglich, ob sich dies auf absehbare Zeit ändere. Denn die hierfür notwendigen Reformen und Konsolidierungsmaßnahmen seien von der italienischen Regierung bisher nicht ergriffen worden. Quelle: dpa
Ganz mies ist die Lage in Griechenland: Mit einem Wert von -9,8 hat Griechenland die schlechteste Kreditwürdigkeit aller 31 untersuchten Staaten. Die Kreditfähigkeit des Landes verfällt weiter und zwar deutlich schneller als die aller anderen Euro-Länder. Die Wiedererlangung der griechischen Kreditfähigkeit ist nicht absehbar, die Ampel steht auf dunkelrot. Quelle: dpa
Eine negative Überraschung kam in diesem Jahr aus dem Norden Europas: Belgien und Finnland weisen im ersten Halbjahr 2013 erstmals eine abnehmende Kreditfähigkeit auf. Da beide Länder noch über Auslandsvermögen verfügen, ist die Schuldentragfähigkeit allerdings noch nicht unmittelbar bedroht, die Ampel zeigt gelb-rot. Der CEP-Default-Index liegt im Falle Belgiens bei -0,5, bei Finnland beträgt er -0,1. Ein negativer Wert kann auf zwei Arten entstehen: 1. Die Nettokapitalimporte übersteigen die kapazitätssteigernden Investitionen. Das Land konsumiert über das im Inland erwirtschafteten Einkommen auch einen Teil des Nettokapitalimports. Die Volkswirtschaft verschuldet sich folglich im Ausland, um Konsumausgaben finanzieren zu können. 2. Kapital verlässt das Land, so dass der gesamtwirtschaftliche Finanzierungssaldo positiv ist. Gleichzeitig jedoch schrumpft der Kapitalstock. Das Land verarmt. Quelle: dpa

Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), hat erneut sein milliardenschweres Anleihekaufprogramm gerechtfertigt. Es mache die Euro-Zone robuster bei Problemen einzelner Länder, so der Italiener. Auch der Zeitpunkt des Programms sei richtig, erklärte der EZB-Präsident am Mittwoch auf einer Konferenz in Frankfurt.

„Es ist nicht so als hätten wir im vergangenen Jahr nicht gehandelt“, sagte Draghi. Die EZB habe ihre Sondermaßnahmen nach und nach ausgeweitet, als die Gefahr einer zu lange anhaltenden Periode niedriger Inflationsraten zugenommen habe. Damit zielt der Italiener auf die bisherigen zweckgebundenen Langfristtender (TLTROs) der Notenbank als auch die Käufe von Kreditverbriefungen an.

Notenbanken rund um den Globus lockern ihre Geldpolitik

Während etwa die US-Notenbank Fed ihre Geldschleusen absehbar weiter schließen will, geht die EZB seit Montag in die Vollen: Die Notenbank kauft Staatsanleihen und andere Wertpapiere in gewaltigem Umfang. Pro Monat wollen die Währungshüter 60 Milliarden Euro an frischem Geld in die Märkte pumpen - und das mindestens bis September 2016. Das Billionen-Programm soll die Wirtschaft im Euroraum ankurbeln und die zuletzt gefährlich niedrige Inflation anheizen.

„Wie andere Zentralbanken mussten wir direkt an den Finanzmärkten eingreifen“, begründete Draghi. Staatsanleihenkäufe seien nichts Neues, auch die Bundesbank habe das in den 1970er Jahren getan. „Anleihenkäufe sind unkonventionell, aber sie sind nicht unorthodox“, betonte Draghi. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ist einer der entschiedensten Kritiker der jüngsten Maßnahmen.

Draghi selber ist natürlich von seinem Programm überzeugt. Es werde "wirken und die Inflation näher an unser Ziel bringen.“ Die EZB strebt stabile Preise bei einer Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. Im Januar und Februar waren die Verbraucherpreise im Euroraum gesunken.

Laut Draghi ist das Kaufprogramm gerade in der aktuellen Phase, in der die finanziellen Probleme Griechenlands immer größer werden, sehr wichtig für die Euro-Zone. Es könne andere Euro-Länder vor einer Ansteckung mit Problemen wie in Griechenland schützen. "Wir haben einen weiteren Rückgang der Renditen der Anleihen von Portugal und anderen Ländern gesehen, die in Schwierigkeiten waren, trotz der wiederaufgeflammten Krise in Griechenland", sagte der EZB-Präsident.

Die klamme Regierung in Athen steht enorm unter Druck, da sie ihre Schulden weiter bedienen muss. Noch im März muss ein Kredit über 1,5 Milliarden Euro an den IWF zurückgezahlt werden - im Sommer werden 6,7 Milliarden Euro an die EZB fällig.

Immerhin räumt Draghi auch ein, dass die Anleihekäufe und das billige Geld riskant sind. "Wir sind uns bewusst, das mit unseren Maßnahmen einige Risiken für die Finanzstabilität verbunden sein könnten", räumte der Italiener ein. Diese Risiken seien aber gegenwärtig eingedämmt.

Die wirtschaftliche Lage im Währungsgebiet bessere sich bereits. Dies werde sich "verbreitern und hoffentlich auch verstärken", sagte Draghi. Die Währungshüter hatten in der vergangenen Woche ihre Wachstumsprognosen angehoben. Die EZB rechnet nun für dieses Jahr mit einem Plus von 1,5 statt bislang von 1,0 Prozent. Für 2016 werden 1,9 (bisher 1,5) Prozent erwartet - 2017 sollen es dann sogar 2,1 Prozent sein.

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