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EZB "Notenbanken werden politisch erpressbarer"

Seit Tagen wird über die Risiken neuer Anleiheankäufe durch die EZB diskutiert. Der Züricher Konjunkturforscher Jan-Egbert Sturm ist ein Gegner dieser Maßnahmen und befürwortet den derzeitigen Kurs der Bundesbank, Stimmung zu machen.

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Die Euro-Skulptur vor der EZB in Frankfurt am Main Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Professor Sturm, die Finanzmärkte spekulieren auf weitere geldpolitische Lockerungen der Notenbanken. Steht die Weltwirtschaft vor der nächsten großen Geldschwemme?

Sturm: Derzeit kühlt sich die Weltkonjunktur spürbar ab. Nicht nur in Europa, auch in China lässt die Dynamik nach. Das erhöht den Druck auf die Zentralbanken, die Geldpolitik zu lockern. Vor allem die Zentralbank in Peking hat noch Spielraum. In den USA zeichnet sich ebenfalls eine erneute Lockerung ab – wobei noch nicht klar ist, wann die Fed handelt und welche Instrumente sie einsetzt. In Europa hat die EZB angekündigt, weitere Staatsanleihen anzukaufen, was die Zinsen für die begünstigten Länder nach unten drückt.

Jan-Egbert Sturm Quelle: ddp

Kurbelte die monetäre Expansion die Inflation an?

Inflation entsteht erst, wenn die Wirtschaft rund läuft und die Unternehmen Spielräume haben, die Preise zu erhöhen. Bis auf einzelne Sektoren ist das derzeit nicht der Fall. Die globale Nachfrageschwäche hält die Preise in Schach, daher ist Inflation zurzeit nicht das große Thema.

Was passiert, wenn die Konjunktur wieder anzieht?

Technisch gesehen können die Zentralbanken die überschüssige Liquidität jederzeit wieder absaugen. Fraglich ist, ob sie auch den richtigen Zeitpunkt dafür treffen...

...und ob sie dem politischen Druck widerstehen, die Zinsen niedrig zu halten.

Die Notenbanken haben durch den Ankauf von Staatsanleihen geld-und finanzpolitische Aufgaben vermischt und sich in eine schwierige Position gebracht, die sie politisch erpressbarer macht. Im Vergleich zur Fed und zur Bank von England blieben die Ankaufsvolumina der EZB bisher gering. Das Problem ist allerdings, dass die EZB – anders als die Fed – nicht die Anleihen eines Bundesstaates kauft, sondern die Anleihen einzelner Krisenländer.

Anleihekäufe der EZB sind daher mit erheblich größeren politischen Implikationen verbunden als bei der Fed. Scheiden Länder aus dem Euro aus oder bedienen ihre Anleihen nicht mehr, entstehen der EZB Verluste, die alle Länder mittragen müssen. Dadurch erhalten die Käufe eine verteilungspolitische Dimension.

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