
EZB-Chef Mario Draghi wählte große Worte: Er werde alles tun, um den Euro zu retten, hatte er vergangene Woche getönt. Die Märkte goutierten dies mit einem Kursfeuerwerk - Vorschusslorbeeren, denn es folgten keine Taten. Heute ist EZB-Ratssitzung und der Tag an dem Draghi liefern muss.
So ist die Lage: Fast alle südländischen Länder haben ehrgeizige Reformprogramme auf den Weg gebracht. Die Löhne sinken, die Staatsausgaben werden gekürzt, die Steuern erhöht. Doch kurzfristig bringt das nichts: Es dauert zu lange, die tief verwurzelten und fest gefahrenen Strukturen, die in der das Wachstum hemmen, aufzubrechen. Manche glauben sogar, dass es überhaupt nicht gelingen kann. Die Finanzmärkte bestrafen diese Länder mit hohen Zinsaufschlägen. Das erhöht zwar den Reformdruck, doch treibt die Staaten auch endgültig an den Abgrund und macht sie damit zum Sanierungsfall.
Die Hilfsmittel der EZB
Draghi senkte den Zinssatz für wöchentliche Kreditgeschäfte auf ein Rekordtief von 0,75 Prozent. Banken, die dringend frisches Geld brauchen, können sich so leichter refinanzieren.
Seit dem Herbst 2008 verleiht die EZB unbegrenzt Geld. Draghi setzte noch eins drauf: Die Institute durften sich zusätzlich mit dreijährigen Krediten von insgesamt einer Billion Euro eindecken.
Die EZB hatte die Anforderungen an Wertpapiere, die Banken bei den Refinanzierungsgeschäften mit der Zentralbank als Sicherheiten benutzen dürfen, deutlich gesenkt. Draghi hat diese nun noch weiter gelockert.
Die EZB hat für 70 Milliarden Euro Pfandbriefe gekauft und belebte so den Markt für dieses sehr wichtige Refinanzierungsinstrument der Banken.
Draghi hat den Zinssatz für Einlagen der Geschäftsbanken auf null gesenkt. Die Geldhäuser sollen ihre überschüssige Liquidität lieber an Konkurrenten verleihen – oder als Kredite an die Realwirtschaft geben. So will er den Geldmarkt wiederbeleben.
Draghi hat es satt, von nationalen Aufsehern beschummelt zu werden. Er will auf wichtige Bankdaten zugreifen können.
Mittlerweile ist fast alles Geld aufgebracht und nach Spanien könnte Italien noch stärker ins Visier der Finanzmärkte geraten. Wenn Italien kippt, dann kippt auch der Euro. Denn für eine Ausweitung des Rettungsschirms gibt es innenpolitisch keine Mehrheit. Der Euro steht kurz vor dem Aus. Draghi will das Blatt wenden.
Was könnte die EZB tun? Die EZB könnte die Zinsen senken oder ein weiteres Geschäft zur langfristigen Refinanzierung für Banken (LTRO) anbieten. Beide Varianten sind jedoch unwahrscheinlich. Der Leitzins ist bereits mit 0,75 Prozent auf Rekordtief und der LTRO wurde stark kritisiert, weil viele Banken mit dem Zentralbankgeld zockten, statt es als Kredite an die Realwirtschaft weiterzugeben. Viel wahrscheinlicher ist deshalb, dass Draghi das SMP - das Aufkaufprogramm von Staatsanleihen aus finanzschwachen Mitgliedsländer der Eurozone - neu auflegt.
Wofür die Deutschen bei der Euro-Rettung haften
Hierfür haften die Deutschen mit 15 Milliarden Euro.
Falls Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Italien und Zypern ausfallen beträgt die Haftungssumme der Deutschen 80 Milliarden Euro.
Die Haftung beträgt insgesamt 10 Milliarden Euro.
Die Haftungszusagen für den ESM belaufen sich auf 190 Milliarden Euro.
Allein das erste Rettungspaket für die Griechen schlägt mit 15 Milliarden zu Buche.
Deutschlands Haftungssumme für die Käufe von Staatsanleihen durch die EZB umfasst 57 Milliarden Euro.
Der größte Haftungsbetrag von 408 Milliarden Euro wird fällig, falls es zu einem Zahlungsausfall kommen sollte und die Krisenländer aus dem Euro austreten.
Die EZB würde dann allerdings nicht mehr tröpfchenweise und ohne es vorher anzukündigen kaufen, sondern mit großen Volumina auf den Märkten eingreifen – allerdings nicht ohne Gegenleistung: Nur die Länder, die sich an die Reformvorgaben halten, werden in den Genuss der Stützungskäufe kommen.
Für diese Länder wird Draghi dann ein bestimmtes Zinsniveau – beispielsweise fünf Prozent – festlegen. Steigen die Renditen darüber, obwohl sich die Regierung sich an die Vorgaben hält, drückt die EZB durch Interventionen die Zinsen wieder nach unten.
Kann das funktionieren? Nein. Abgesehen davon, dass die EZB mit dieser Strategie Fiskalpolitik betreiben würde und somit ihr geldpolitisches Mandat verletzt, kann man Märkte nicht steuern. Die Geschichte hat uns das eindrucksvoll bewiesen. Früher hat man versucht Wechselkurse zu verteidigen, heute eben Renditen von Staatsanleihen. Beides funktioniert nicht. Es gibt immer Spekulanten, die dagegen wetten.
Für die Zentralbank könnte das sehr teuer werden. Übersteigt das Volumen der Käufe – und das kann bei dieser Strategie leicht passieren – die 500 Milliarden Euro-Grenze, ist die Zentralbank nicht mehr in der Lage, das zusätzlich in Umlauf gebrachte Geld auf anderem Wege wieder einzusammeln. Das Geldmengenwachstum würde spürbar beschleunigt und die Inflation angeheizt.