Was bedeutet das Urteil für das QE-Programm der EZB?
Zunächst einmal nichts. Denn die Luxemburger Richter entscheiden nicht über das gewaltige Kaufprogramm („Quantitative Lockerung“ oder englisch „Quantitative Easing/QE“), das seit dem 9. März 2015 läuft und das die Konjunktur anschieben soll. Sollte sich der EuGH hinter das nie genutzte OMT-Programm von 2012 stellen, würde er damit der EZB aber auch für das aktuelle Programm Rückenwind geben. Und selbst wenn das Bundesverfassungsgericht das OMT abschließend anders beurteilen würde, meint Commerzbank-Ökonom Michael Schubert: „In jedem Fall wären verfassungsrechtliche Bedenken gegen das OMT wohl nicht auf das aktuelle QE-Anleihenkaufprogramm übertragbar.“
Beim QE-Programm investiert die EZB monatlich 60 Milliarden Euro vor allem in Staatsanleihen und das bis Ende September 2016. Das frische Zentralbankgeld soll idealerweise über Geschäftsbanken als Kredit bei Unternehmen und Verbrauchern ankommen. Das könnte Investitionen und Konsum anschieben und soll so auch die Inflation anheizen. Auch an dem QE-Programm gibt es viel Kritik: So planen Medienberichten zufolge die drei Unternehmer Heinrich Weiss, Patrick Adenauer und Jürgen Heraeus eine Verfassungsbeschwerde.
Die Krisenpolitik der Euro-Zone seit 2010
Erstmals muss mit Griechenland ein Euro-Mitglied ein internationales Hilfsprogramm beantragen, um eine Staatspleite zu verhindern. Das Programm erweist sich später als nicht ausreichend.
Ein „Europäischer Rettungsschirm“ wird beschlossen. Er soll sicherstellen, dass die Zahlungsfähigkeit der einzelnen Euroländer gesichert wird. EFSF („Europäische Finanzstabilisierungsfazilität“) reichte Kredite aus, für die die Euro-Länder mit Garantien bürgten. Der maximale Garantieanteil Deutschlands betrug rund 211 Milliarden Euro. Unter diesen Rettungsschirm schlüpfen - neben Griechenland - später auch Portugal, Irland, Spanien und Zypern.
Parallel beginnt die Europäische Zentralbank (EZB) erstmals mit dem Kauf von Staatsanleihen. Das „Securities Markets Programme“ (SMP) sollte den Anstieg der Renditen von Anleihen angeschlagener Euroländer bremsen. Das SMP läuft bis Anfang 2012.
Die EZB verspricht, notfalls unbegrenzt Anleihen von Krisenstaaten zu erwerben. Gekauft wurde nach dem Programm „Outright Monetary Transactions“ (OMT) bisher noch keine Anleihe. Dennoch beschäftigt der OMT-Beschluss den Europäischen Gerichtshof (EuGH).
Mit dem ESM („Europäischer Stabilisierungsmechanismus“) geht ein neuer Rettungsschirm an den Start, der den EFSF dauerhaft ablöst. Wichtigster Unterschied der beiden Einrichtungen: Der ESM erhält eigenes Kapital, zu dem die Euroländer beitragen. Der deutsche Kapitalanteil beträgt 21,7 Milliarden Euro; hinzu kommen Garantien mit einem deutschen Anteil von 168,3 Milliarden Euro.
Wieder eine Premiere bei der EZB: Die Notenbank beschließt ein riesiges Anleihekaufprogramm - im Fachjargon „Quantitative Easing“ (QE). Damit sollen Milliarden und Abermilliarden Euro in die Wirtschaft gepumpt werden - als Stütze für die schwache Konjunktur.
Wieso drehen die Börsen nicht ins Plus?
Für die Börse ist die EuGH-Entscheidung keine Beruhigungspille. Der Aktienmarkt war vor allem aufgrund der drohenden Staatspleite Griechenlands mit einem Minus in den Tag gestartet, zumal auch die Vorgaben aus den USA und Tokio bereits in diese Richtung gewiesen hatten. Der deutsche Aktienindex Dax fiel daher im frühen Handel um 0,7 Prozent. Bis zur Urteilsverkündung vergrößerte sich der Verlust gegenüber dem Vortag auf 1,7 Prozent, der Dax sank auf nur noch 10.798 Punkte. Auch der europäische Auswahlindex EuroStoxx 50 verlor im Vergleich zu Montag 1,5 Prozent. Der Euro legte hingegen gegenüber dem US-Dollar leicht zu. Am Morgen stieg die Gemeinschaftswährung zeitweise auf mehr als 1,132 US-Dollar.
Nach der Urteilsverkündung des EuGH blieben harsche Marktreaktionen aus, insgesamt tendierten die Märkte jedoch freundlicher. Das Dax-Minus verringerte sich auf rund ein Prozent, der EuroStoxx lag nur noch 0,9 Prozent im Minus. Der Euro-Wechselkurs reagiert zunächst freundlich, setzte kurz darauf jedoch erneut zur Talfahrt an und fiel auf 1,126 Dollar.
Offenbar hatten Anleger mit dem Segen der Richter für das OMT-Programm der EZB gerechnet und konzentrierten sich weiter auf Signale einer möglichen Staatspleite Griechenlands sowie die befürchtete erste Zinsanhebung seit neun Jahren durch die US-Notenbank Fed. Nach zweitägigen Beratungen der Notenbank hoffen die Börsenteilnehmer am morgigen Mittwoch, wenn Notenbankchefin Janet Yellen vor die Mikrofone tritt, auf neue Hinweise zum Zeitplan (mit Material von dpa und Reuters).
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