Zum Kauf von Pfandbriefen will die Zentralbank Anfang Oktober weitere Details bekanntgeben. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Notenbanker dieses Instruments bedienen. Bereits im Juli 2009 startete der damalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet den Kauf von Pfandbriefen, um das Bankensystem der Währungsunion zu stützen. Denn Europas Banken finanzieren einen beachtlichen Teil ihres Kreditgeschäfts mit solchen Wertpapieren.
Neu ist dagegen der Kauf von verbrieften Krediten. Damit können Banken ausstehende Forderungen aus Krediten an den Markt bringen und somit ihre Bilanzen entlasten. Dadurch bleibt mehr Spielraum zur Vergabe neuer Darlehen. Auch die EZB will mit den ABS-Käufen vor allem die Kreditvergabe in den Peripherieländern ankurbeln.
2014 – ein heikles Jahr für die EZB
In gebührendem Abstand zu den Bankentürmen im Westend entsteht in Frankfurt das neue Hauptquartier der EZB. Wann genau die Notenbanker dort einziehen werden, ist noch nicht klar - geplant ist aber 2014. Die EZB bleibt aber auch im Frankfurter Euro-Tower. Hier werden die Bankenaufseher untergebracht. Geldpolitiker und Aufseher sollen also nach den Umzügen nicht unter einem Dach arbeiten - Interessenskonflikte sollen so auf ein Minimum reduziert werden.
Sabine Lautenschläger ist anstelle von Jörg Asmussen ins EZB-Direktorium eingezogen. Ebenfalls neu ist Lettlands Zentralbankchef Ilmars Rimsevics. Lettland ist das 18. Land, das den Euro eingeführt hat.
Lautenschläger, Rimsevics und die anderen Notenbanker müssen sich an eine neue Offenheit der EZB gewöhnen. Die Zentralbank könnte schon bald wie etwa die Federal Reserve in den USA Protokolle oder zumindest schriftliche Zusammenfassungen der Sitzungen des EZB-Rats publik machen.
Draghi will dem EZB-Rat dazu schon bald einen konkreten Vorschlag machen. Umstritten ist, wie genau sich die Öffentlichkeit künftig ein Bild vom Abstimmungsverhalten der einzelnen Notenbanker machen kann.
Die EZB geht mit einem rekordniedrigen Leitzins ins Jahr 2014: Seit November können sich die Geschäftsbanken bei ihr für 0,25 Prozent Zinsen refinanzieren. Zudem hat der EZB-Rat beschlossen, dass die Institute noch bis mindestens Mitte des übernächsten Jahres so viel Liquidität bekommen, wie sie bei der EZB abrufen - ohne Obergrenze. Damit ist das Finanzsystem zwar geschützt gegen Liquiditätsengpässe, doch stockt der Kreditfluss in den besonders krisengeplagten Ländern Südeuropas.
Zudem ist die Inflation in der Eurozone aus Sicht der Notenbanker zu niedrig. Die Zentralbanker betonen seit der letzten Zinssenkung, dass sie noch zahlreiche Pfeile im Köcher haben. Dazu gehören unter anderem weitere milliardenschwere Geldspritzen, um die Banken flüssig zu halten, sowie ein Strafzins für Banken, die Gelder lieber bei der EZB parken, als sie an Unternehmen und Haushalte als Kredit weiterzureichen.
Wenn die EZB wie geplant im November 2014 die Oberaufsicht über die Banken der Währungsunion übernimmt, hat sie zumindest die 128 größten Institute bereits auf Herz und Nieren geprüft. Denn in den nächsten Monaten steht der größte Gesundheitscheck der Branche auf dem Programm, den es je gegeben hat.
Ziel der EZB ist es, die Banken möglichst besenrein, also ohne schlummernde Altlasten in den Bilanzen, zu übernehmen.
Warum sind ABS umstritten?
Kreditverbriefungen gelten als heißes Eisen. Sie waren in der Finanzkrise 2007/08 vor allem in den USA als Brandbeschleuniger in Verruf geraten. Damals wurden vor allem faule Hypothekenkredite verbrieft, also die Auslöser der Krise. Der Käufer der Verbriefungen holte sich also faule Kredite in seine Bilanz und musste am Ende deren Ausfall akzeptieren. Der Markt für solche Papiere war daraufhin weitgehend zusammengebrochen.
Auch im Fall der EZB besteht die Sorge, dass die Zentralbank sich ausfallbedrohte Papiere in die Bilanz holt und der Steuerzahler am Ende für die Verluste einspringen muss. Mario Draghi weiß um diese Sorgen und betont, dass es sich bei den zu kaufenden Papieren um "einfache und transparente" Assets handeln soll. Laut Draghi plant die EZB, sowohl neue als auch alte ABS zu kaufen. Aber: Verbriefte Immobilienkredite stehen ebenfalls auf die Liste zum Kauf.
Warum verkündet Draghi schon wieder ein Maßnahmenpaket?
Erst Anfang Juni senkte die EZB zuletzt ihren Leitzins auf 0,15 Prozent. Schon kurz nach der Sommerpause folgt nun der nächste Knall. Als Rechtfertigung verwies Draghi auf die zuletzt größer gewordenen Risiken.
Da ist zum einen die niedrige Inflationsrate. Im August lag die Teuerung in der Euro-Zone nur noch bei mageren 0,3 Prozent - die EZB spricht aber nur bei knapp unter zwei Prozent von stabilen Preisen. Hinzu kommt, dass die Volkswirte der EZB auch in Zukunft mit niedrigen Raten rechnen und ihre Prognosen weiter senken mussten.
Die Ökonomen veranschlagen demnach für dieses Jahr lediglich einen Preisauftrieb von 0,6 Prozent, kommendes Jahr von 1,1 Prozent und 2016 von 1,4 Prozent. Noch im Juni hatten die EZB-Fachleute mit einer Inflationsrate in diesem Jahr von 0,7 Prozent gerechnet.
Gleichzeitig mussten die Analysten auch ihre Wachstumsprognosen nach unten korrigieren. Die EZB-Ökonomen erwarten nur noch ein Plus des Bruttoinlandsprodukts der Währungsunion von 0,9 Prozent, nachdem sie im Juni noch ein Wachstum von einem Prozent prognostiziert hatten. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft um 1,6 (Juni-Prognose: 1,7) und 2016 um 1,9 (1,8) Prozent zulegen. Insbesondere mit den Wertpapierkäufen will die EZB die Kreditvergabe wieder ankurbeln und damit die Konjunktur stabilisieren.
Reichen die Maßnahmen aus?
Grund für die ausbleibende Kreditvergabe ist unter anderem die geringe Bonität der Schuldner. An der Stelle kann das ABS-Programm wenig helfen. Auch das Umfeld für Kreditvergaben muss besser werden, dafür braucht es strukturelle Reformen in den Krisenländern. "Die EZB wäre deshalb gut beraten, weiterhin mit Nachdruck wirtschaftspolitische Reformen anzumahnen, die den Euro-Raum wieder auf einen verlässlichen Wachstumskurs bringen", sagt Michael Kemmer, der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes.