EZB-Strafzins Jetzt schnappt die Negativzins-Falle zu

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Banken müssen mehr aufräumen

Für die EZB ist die Situation vor allem aufgrund ihrer Doppelfunktion brisant. Als Bankenaufsicht ist sie immerhin oberste Kontrollinstanz der wichtigsten Geldinstitute Europas. Als Notenbank schwächt sie eben diese aber mit ihrer Negativzins-Politik. Einräumen will die Zentralbank das allerdings nicht. Direktor Benoît Cœuré erklärte am Mittwoch in Frankfurt, die Banken kämen mit der Niedrigzinspolitik gut zurecht, viele könnten die sinkenden Zinsmargen ausgleichen.

Die drei Pfeiler der Bankenaufsicht

Allerdings machte er deutlich, dass die EZB nicht für alle Probleme der Banken verantwortlich ist. Bisher gäbe es beispielsweise zu geringe Fortschritte beim Abbau fauler Kredite. "Das untergräbt das Vertrauen in ihre Fähigkeit, weitere Verluste aufzufangen", erklärte Cœuré. Behalten die pessimistischen Volkswirte recht, sollte das bei uns alle Alarmglocken läuten lassen.

Weidmann außen vor

Die EZB ist mittlerweile also in der Zwickmühle angelangt, welche ihr Kritiker längst prognostiziert haben. Noch bevor die Bankenaufseher in ihre Büros im renovierten Euro-Tower in der Frankfurter Innenstadt ziehen, machen ihnen die Kollegen aus dem neuen Zentralbank-Gebäude im Frankfurter Ostend mit ihrer Geldpolitik das Leben schwer. Sinkt der Negativzins weiter, weil die EZB sich ans Mandat hält, jammern die Banken. Handelt Draghi nicht, meutern die Finanzmärkte und die Deflations-Kritiker holen zum Rundumschlag aus. Sparer und Versicherer sind sowieso schon enttäuscht.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann wird mit dieser nicht einfachen Entscheidung direkt nichts zu tun haben. Laut geltendem Rotationsprinzip im 25-köpfigen EZB-Rat darf Weidmann im März nicht mitstimmen - seit mit Litauen 2015 das 19. Euro-Land zur Runde der Zentralbank-Räte kam, entschied die EZB, dass nicht alle Notenbanker bei jeder Entscheidung mitstimmen dürfen. Am kommenden Donnerstag wird es erstmals Weidmann sein, der aussetzen muss. Er wird mitdiskutieren, hat aber keine Stimme.

Verschwörungstheoretiker witterten schon bei der Einführung des Rotationsprinzip Draghis Chance, Weidmanns Pause für eine expansive Entscheidung zu nutzen. Beobachter warnen allerdings vor derartigen Interpretationen. Nicht nur Weidmann wird am Donnerstag nicht mitstimmen, auch die Notenbanker aus Estland, Irland und Griechenland dürfen ihre Finger nicht heben. "Das gleicht sich aus", sagt Michael Schubert, Zentralbank-Analyst der Commerzbank. Der Este Ardo Hansson sei wie Weidmann ein Falke, während der Ire und der Grieche zu den geldpolitischen Tauben zu zählen seien, die eine expansive Politik vorziehen. Per Saldo dürfte sich also nichts ändern.

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