EZB und Fed Notenbanker rätseln über niedrige Inflation

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Unnötige Sorge?

Die Fed war bisher davon ausgegangen, dass die schwächelnde Weltwirtschaft und der niedrige Ölpreis vorübergehende Gründe für die niedrige Inflation waren. Dauerhaft extrem niedrige Preissteigerung fürchtet man in den USA ebenso wie in Frankfurt.

Während die Notenbanker noch vor ihrem Inflationspuzzle sitzen, sehen Analysten andere Gefahren. So verweisen etwa die Kapitalmarktexperten der Deutschen Bank in ihrem Ausblick für 2018 explizit auf die Gefahr einer zu schnell steigenden Inflation. "Wenn der Preisdruck stärker als erwartet zunehmen sollte, könnten sich die Notenbanken zu einem aggressiveren Ausstieg aus ihrer nach wie vor expansiven Geldpolitik gedrängt fühlen", sagt Chefvolkswirt Stefan Schneider. Das hätte dann entsprechend negative Auswirkungen auf die weltweite konjunkturelle Entwicklung. In Deutschland erwartet Schneider, dass der anhaltende Aufschwung am Arbeitsmarkt zu höheren Lohnabschlüssen führen wird und so die Inflationsrate antreibt. Bis Ende 2018, so Schneider, dürfte sich die Inflationsrate der Zwei-Prozent-Marke annähern.

Das Wörterbuch der EZB: Die Schlüsselwörter der Notenbanker - und was sie bedeuten

Michael Hasenstab, Portfoliomanager beim Fondsanbieter Franklin Templeton, glaubt nicht an ewig niedrige Inflationsraten. "Die Tatsache, dass die Lohn- und Inflationsentwicklung in den vergangenen Jahren unerwartet gedämpft war, darf uns nicht dazu verleiten zu denken, die Inflation kommt nie zurück", schreibt Hasenstab in einer aktuellen Analyse. Zum einen würden sich die inflationären Trends in der Weltwirtschaft in den nächsten Monaten verstärken, so der Fondsmanager. Zum anderen rechnet Hasenstab damit, dass die solide US-Wirtschaft die Banken zunehmend dazu antreibt, mehr Kredite zu vergeben. Wird das Kreditvolumen schneller als erwartet ausgebaut, sorge das nicht nur für Wachstum, sondern auch für steigende Inflationsraten. Befeuert werden könnte dieses Szenario von Donald Trump. Der US-Präsident hatte der Finanzbranche Erleichterungen zugesagt, weniger Regulierung könnte die Kreditvergabe noch beschleunigen.

Unterdessen hält die EZB ihr Maßnahmenpaket weiterhin für angemessen, um Inflationsdruck aufzubauen. Die Notenbanker hatten auf ihrer vergangenen Sitzung beschlossen, die monatlichen Anleihenkäufe ab Januar auf 30 Milliarden Euro zu halbieren. Dafür sollen sie mindestens bis Ende September 2018 fortgesetzt werden. Laut der nun veröffentlichten Protokolle debattieren die Währungshüter noch darüber, ob es ein klares Enddatum für die Käufe geben soll oder nicht. Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann fordert das.

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