EZB-Zinsentscheid Da geht noch was, liebe EZB!

Christine Lagarde (rechts), Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), spricht während der Pressekonferenz in der EZB-Zentrale neben Vizepräsident Luis de Guindo Quelle: dpa

Die Europäische Zentralbank erhöht die Leitzinsen erneut um 50 Basispunkte und stellt weitere Zinserhöhungen in Aussicht. Doch ob sie die Zinsen kräftig genug erhöhen wird, um die Geldwertstabilität wiederherzustellen, ist fraglich. Ein Kommentar.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Und weiter geht es mit dem Zinsfahrstuhl nach oben. Mit ihrer Entscheidung, die Leitzinsen erneut um 50 Basispunkte auf nunmehr 2,5 Prozent (Einlagensatz) beziehungsweise 3,0 Prozent (Hauptrefinanzierungssatz) anzuheben, haben die Notenbanker der Europäischen Zentralbank (EZB) geliefert, was die Teilnehmer an den Finanzmärkten erwartet hatten.

In den Ländern Südeuropas, wo man zweistellige Inflationsraten und eine weiche Währung teilweise noch immer als Inbegriff ökonomischer Normalität betrachtet, mag der jüngste Zinsschritt als kühn, ja geradezu als verwegen betrachtet werden. Tatsächlich aber ist er nur das Minimum dessen, was von einer per legem auf die Preisstabilität verpflichteten Zentralbank verlangt werden muss. Angesichts der mit 8,5 Prozent nach wie vor viel zu hohen Inflationsrate kann und darf der heutige Zinsschritt nicht der letzte gewesen sein. Das scheint auch die EZB so zu sehen und verspricht daher in ihrer Presseerklärung, die Leitzinsen bei der nächsten Sitzung im März erneut um 50 Basispunkte anzuheben.

Wie es danach weitergeht, wie weit der Zinsfahrstuhl der EZB noch nach oben fährt, ist jedoch unklar. Beobachter gehen davon aus, dass er knapp oberhalb der Marke von drei Prozent für den Einlagensatz stoppen wird. Das aber wird nicht reichen, um die Inflation nachhaltig zu besiegen. Nach allen Erfahrungen bedarf es dazu Leitzinsen, die deutlich über der Inflationsrate liegen. Die von der EZB für den Durchschnitt dieses Jahres erwartete Inflationsrate von 6,3 Prozent zeigt, wie weit der Weg für die EZB noch ist, will sie die Geldwertstabilität nachhaltig wiederherstellen.

Lesen Sie auch: Bekommt die EZB die Inflation noch in den Griff?

Ob die EZB bereit ist, die Zinsen auf ein langfristig stabilitätsgerechtes Niveau zu hieven, darf angesichts der hohen Verschuldung der südeuropäischen Staaten und der Mehrheit ihrer Vertreter im EZB-Rat bezweifelt werden. Die Regierungen müssten in einer Welt positiver Realzinsen den fiskalpolitischen Gürtel enger schnallen und ihre Haushalte konsolidieren. Das schränkte den Zugriff des Staates auf die Wirtschaft ein und widerspräche den vor allem im Süden Europas und in Frankreich beheimateten etatistischen Vorstellungen von der Rolle des Staates in der Wirtschaft.

Erbschaftsteuer Der Gesetzgeber hebelt steuerzahlerfreundliche Urteile aus

Unbemerkt von einer breiteren Öffentlichkeit hat der Gesetzgeber im viel diskutierten Wachstumschancengesetz auch neue Regeln für Erbschaften und Schenkungen versteckt. Es geht um die Steuer. Ein Gastbeitrag.

Steuern auf Kryptowährungen „Die Finanzverwaltung sitzt am deutlich längeren Hebel“

Das jüngste Rekordhoch der Kryptowährung Bitcoin wirft auch steuerliche Fragen auf: Wer muss wie viel Steuern zahlen? Was droht Anlegern, wenn sie Einkünfte nicht angeben? Steuerexperte Joerg Andres gibt die Antworten.

Supermarktkette Mercadona Lidls und Aldis Angstgegner

Fast in jedem Markt, den sich Lidl und Aldi vornehmen, haben sie Erfolg. Anders in Spanien: Dort zeigt die Kette Mercadona, wie man die deutschen Billigheimer auf ihrem Terrain schlagen kann.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

So mischen sich in die Anerkennung für den jüngsten Zinsschritt der EZB Zweifel, ob die Währungsbeamten den Mut und den Willen besitzen, den Zinsfahrstuhl bis in jene Etage zu steuern, in der die Geldwertstabilität ihr Zuhause hat.

Lesen Sie auch: Hier profitieren Sparer jetzt von der Rückkehr der Zinsen

Dieser Beitrag entstammt dem WiWo-Newsletter Daily Punch. Der Newsletter liefert Ihnen den täglichen Kommentar aus der WiWo-Redaktion ins Postfach. Immer auf den Punkt, immer mit Punch. Außerdem im Punch: der Überblick über die fünf wichtigsten Themen des Tages. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%