4. Veränderungen des Anleihekaufprogramms
Was macht die EZB?
Zunächst hat die Notenbank das Volumen ihrer Anleihekäufe ausgedehnt. Statt wie bisher für 60 Milliarden Euro kauft sie nun Anleihen im Wert von 80 Milliarden Euro pro Monat. Enden soll das Programm vorerst weiterhin im März 2017. Draghi betonte allerdings, dass die EZB auch darüber hinaus kaufen könnte, wenn nötig.
Das sind die drei Leitzinssätze der EZB
Der wichtigste Leitzins ist der Hauptrefinanzierungssatz. Er legt den Mindestzins fest, den Geschäftsbanken der EZB für einen Kredit mit einwöchiger Laufzeit im Rahmen der sogenannten Tenderauktionen bieten müssen. Änderungen wirken sich in der Regel direkt auf die Zinsen am Geld- und am Kapitalmarkt aus.
Für Banken, die sehr kurzfristig Geld brauchen, wird es teurer, hier bietet die EZB die sogenannte Spitzenrefinanzierungsfazilität an. Diese Kredite haben eine Laufzeit von einem Tag. Der Zins, den Banken für das über Nacht geliehene Geld zu zahlen haben, ist der Spitzenrefinanzierungssatz. Er liegt in der Regel rund einen Prozentpunkt über dem Hauptrefinanzierungssatz.
Die Einlagefazilität ist das Gegenstück zur Spitzenrefinanzierungsfazilität. Sie gibt Banken die Möglichkeit, einen Überschuss an flüssigen Mitteln bis zum nächsten Geschäftstag bei der Zentralbank zu parken. Die Verzinsung gibt der Einlagefazilitätssatz an. Spitzen- und Einlagefazilität sind Instrumente, mit denen die EZB weitere Feinsteuerung verwirklichen kann. Wenn die Banken zum Beispiel nur sehr wenig oder gar keinen Zins auf das Geld bekommen, das sie bei der EZB parken, dann steigt der Anreiz, es an einen Kunden zu verleihen. Derzeit ist der Einlagezins negativ - und bestraft somit Banken, die Geld bei der EZB parken.
Bisher durften die Notenbanken maximal 33 Prozent aller Papiere einer bestimmten Anleihe halten. Diese Grenze wurde nun für bestimmte Papiere von der Notenbank auf 50 Prozent hochgesetzt. Diese erhöhte Obergrenze gilt für Papiere von "zugelassenen internationalen Organisationen und multilateralen Entwicklungsbanken".
Der Casus Knacksus: die EZB hat ihr Anleihekaufprogramm nun auf Unternehmensanleihen ausgeweitet. Sie will Papiere von Unternehmen (keine Banken) kaufen, deren Bonität von den Ratingagenturen mit einem Investmentrating ausgestattet wurden.
Was war bisher?
Das Volumen des Programms lag bei nur 60 Milliarden Euro, der Kauf von Unternehmensanleihen durch die EZB galt als undenkbar.
Was will die EZB erreichen?
Die Notenbank will mit aller Macht dafür sorgen, dass ihr Geld bei den Unternehmen ankommt. Gleichzeitig ist der Schritt ein Signal. Draghi sagt nicht „Wir schaffen das“, sondern er sagt „Wir schaffen das – koste es, was es wolle“.
Was bringt das?
Die Zinsen im Euro-Raum dürften noch weiter sinken. Schon jetzt rentieren viele Staatsanleihen im negativen Bereich, Beobachter befürchten, dass im Fall einiger Länder bald nicht mehr genug kaufbare Anleihen da sind. Gleichzeitig betreibt die Notenbank nun Unternehmensfinanzierung. Entsprechend dürften auch die Zinsen auf Unternehmensanleihen stark sinken.
Beobachter sehen bereits jetzt eine Tendenz dazu, dass sich Unternehmen eher am günstigen Anleihemarkt finanzieren, anstatt ihre Bank um einen Kredit zu bitten. Erneut könnte also eine EZB-Maßnahme die andere konterkarieren.
Noch hat die EZB nicht erläutert, nach welchen spezifischen Kriterien sie die zu kaufenden Anleihen auswählen wird. Trotzdem steht fest: statt direkter Staatsfinanzierung betreibt die Notenbank nun direkte Unternehmensfinanzierung. Ein fatales Signal.
Und das heißt nicht, dass die Staaten dabei leer ausgehen. Durch die niedrigen Anleihezinsen können sich die Länder der Euro-Zone extrem günstig finanzieren. Mario Draghi kauft ihnen also Raum für Reformen, dieser wird aber bisher kaum genutzt. „Es verfestigt sich unser Eindruck, dass es der EZB in erster Linie um die Sicherung der Schuldentragfähigkeit geht“, schreibt Lampe-Chefvolkswirt Krüger in einer Analyse der EZB-Maßnahmen.
Hinzu kommt, dass die EZB mit ihrer Maßnahme den Euro kräftig abschwächen dürfte. Offiziell erklärt die Notenbank zwar, keine Währungspolitik zu betreiben. Ungelegen dürfte ihr der schwächere Euro aber nicht sein.