
Im Wahlkampf ließ Timo Soini in einer Frage keinen Zweifel aufkommen: Griechenland und der Euro, das passe nicht zusammen. „Griechenland ist nicht wettbewerbsfähig und kann mit einer gemeinsamen Währung nicht erfolgreich sein“, so begründete Soini, wofür ihn seine Anhänger im April schließlich wählten. Griechenland solle den Euroraum verlassen, zumindest aber müsse sichergestellt werden, dass kein finnisches Geld mehr in den Süden fließe. Als Außenminister würde er weiteren Griechenland-Hilfen nicht zustimmen.
Seit Mittwoch steht jetzt fest: Timo Soini wird finnischer Außenminister. Man kann das als Randnotiz vom Rande des Kontinents lesen, aber ebenso gut als Trendwende, die Auswirkungen auf ganz Europa hat. Denn mit Soini erhält erstmals ein rechtspopulistischer Politiker ein verantwortliches Regierungsamt in einem Land der Eurozone.





In Finnland ist der Außenminister zudem grundsätzlich für alle europäischen Themen zuständig, Soini wird daher bei den wichtigen Entscheidungen in der Union in Zukunft mit am Tisch sitzen. Wenn Ende Juni ein weiteres Hilfspaket für Griechenland zur Debatte steht, dann wird auch Soini seine Meinung einbringen.
Das wird die ohnehin komplizierten Verhandlungen noch ein bisschen schwieriger machen. Wie viel Einfluss Soini tatsächlich nehmen kann, muss sich dann erst zeigen. Er könnte indirekt dafür sorgen, dass auch in anderen Ländern, wo die Rechtspopulisten zwar viele Anhänger, aber keine Macht haben, das Regieren noch ein Stück komplizierter wird.
Wissenswertes über Finnland
Finnland ist zwar nur wenig kleiner als Deutschland, dafür hat das Land im Norden lediglich 5,4 Millionen Einwohner. Die Mehrheit davon wohnt im Süden des Landes und im Großraum Helsinki. Etwa 40 Prozent der Bevölkerung leben in Südfinnland, das entspricht einer Dichte von 62,6 Einwohnern pro Quadratkilometer. Im Norden des Landes, in Lappland, sind es nur 1,9 Einwohner je Quadratkilometer.
Die finnische Nationalhymne wird in mehrfacher Hinsicht geteilt: Zum einen benutzt Estland die gleiche Melodie (komponiert von Fredrik Pacius) als Nationalhymne, zum andern existiert die finnische Hymne in zwei Sprachen. Ein Großteil der Bevölkerung singt die Maamme (finnisch), während ein kleiner Teil Vårt land (schwedisch) singt. Die autonome Provinz Åland hat ihre ganz eigene Nationalhymne, das Ålänningens sång.
Wegen der schwedischen Minderheit müssen alle Gemeinden, in denen Finnisch und Schwedisch sprechende Menschen leben, Unterricht in beiden Sprachen anbieten. Die Schulpflicht gilt in Finnland wie auch in Deutschland bis zum 16. Lebensjahr. Neun Jahre lang gehen die Finnen in die peruskoulu, eine Art gemeinsame Grundschule.
In Finnland haben drei Konzerne die Macht über den Lebensmittel- und Getränkemarkt: S-Markt, K-Markt und Suomen Lähikauppa halten gemeinsam fast 90 Prozent. Ausländische Konzerne und Ketten haben es wegen des geringen Marktvolumens eher schwer. Bäckerei- oder Fleischerketten gibt es in Finnland kaum.
Die Finnen verkaufen seit jeher Holz und Papier. In den Siebzigerjahren machten diese Industriezweige über die Hälfte des finnischen Exportes aus. Dann kamen Nokia und Co. und Finnland wandelte sich von einer Agrar- zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Doch auch heute noch stellen die finnischen Wälder den wichtigsten Rohstoff des Landes dar.
Dennoch sind mittlerweile Maschinen der finnische Exportschlager (8,4 Milliarden Euro in 2010). Sie machen 16 Prozent des Exports aus. Gefolgt von Papier und Pappe mit 14 Prozent (7,3 Milliarden Euro im Jahr 2010). Außerdem ist Heavy Metal in Finnland ausgesprochen populär. Die Finnen versorgen Europas und Amerikas Metal-Fans mit Rock- und Metalbands wie Children of Bodom, Nightwish oder dem Eurovision Song Contest-Gewinner Lordi.
Namhafte Finnen sind die Regisseure Aki und Mika Kaurismäki, die Komponisten Jean Sibelius und Levi Madetoja, sowie die Rennfahrer Mika Häkkinen und Kimi Räikkönen. Der reichste Finne ist laut aktueller Forbes-Liste übrigens Antti Herlin, der es dank seiner Maschinenbau- und Servicefirma KONE Corporation auf ein Vermögen von rund zwei Milliarden Dollar gebracht hat.
Der gemeine Finne betätigt sich gern sportlich, zum Teil auch in kuriosen Disziplinen. Großer Beliebtheit erfreut sich in Finnland beispielsweise das Frauentragen. Die "Wife Carrying World Championship Games" finden in Sonkajärvi in Ostfinnland seit 1992 statt. Genauso beliebt sind Melkschemel- oder Handy-Weitwurf, Mückenklatschen und Beeren pflücken als Teamsport. Seit 2011 finden übrigens auch Weltmeisterschaften im Schlammfußball in Finnland statt.
Alkohol ist in Finnland verhältnismäßig teuer, auch wenn 2004 die Alkoholsteuer um 33 Prozent gesenkt worden ist. Auch der Verkauf ist streng reglementiert: Getränke mit mehr als 4,7 Prozent Alkoholgehalt dürfen nur in staatlichen Monopolgeschäften, den Alkoshops, verkauft werden. Wer in der Kneipe eine Flasche Bier bestellt, muss 18 Jahre alt sein und mit fünf Euro pro Flasche rechnen. Vom Trinken scheint das die Finnen aber nicht abzuhalten. Im Jahr 2005 war Alkohol die häufigste Todesursache unter Finnen im arbeitsfähigen Alter.
Soini ist bekannt für starke Sprüche
Denn mit Soini könnte erstmals ein Politiker in den Verhandlungen Meinungen vertreten, die sonst bewusst außen vor gelassen werden. Er könnte damit extremen Positionen eine Stimme geben und sie so auch in anderen Ländern ein Stück weit salonfähiger machen.
Geht doch, könnten sich konservative Anhänger der CDU denken, die schon länger mit einer Wahl der AfD liebäugeln. Voraussetzung dafür aber wäre, dass Soini seine zum Teil markigen Sprüche aus dem Wahlkampf auch an Brüsseler Verhandlungstischen wiederholt.