Fipronil-Skandal Agrarpolitik muss Landwirte zukunftsfähig machen

Die gemeinsame Agrarpolitik in der EU ist eine der ältesten und erfolgreichsten – doch der Fipronil-Skandal zeigt, dass gute Lebensmittel keine Selbstverständlichkeit sind. Die Landwirte brauchen unsere Unterstützung.

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Philip-Hogan Quelle: REUTERS

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist eine der ältesten gemeinsamen Politiken der Europäischen Union. Sie ist aber auch eine der erfolgreichsten: Ursprünglich geschaffen, um in der Nachkriegszeit unsere Bevölkerung vor dem Hungern zu bewahren, garantiert sie uns heute qualitativ hochwertige Lebensmittel. Dies klingt ambitioniert in einer Woche, die zeigt, dass Fipronil unerlaubterweise in der Eierproduktion in Deutschland, Belgien und den Niederlanden zum Einsatz kam.

Zusammen mit den zuständigen Ministern in den betroffenen Ländern, arbeitet mein Kollege Kommissar Andriukaitis intensiv an der Aufklärung dieser Fälle. Ich versichere Ihnen, dass wir in der Europäischen Kommission die Sicherheit und Unbedenklichkeit von Lebensmitteln als absolute Priorität erachten und uns mit allen Mitteln vehement dafür einsetzen. Und das seit vielen Jahrzehnten.

Für uns ist es selbstverständlich geworden, in den Supermarkt zu gehen und ein reiches Angebot an gesunden, günstigen und guten Lebensmitteln vorzufinden. Dies ist nicht überall auf der Welt so und wir sollten dies nicht vergessen.

Der Eier-Markt in Deutschland

Wir haben uns an einen gut funktionierenden landwirtschaftlichen Sektor in der EU gewöhnt. Dabei ist Landwirtschaft ein Sektor im ständigen Wandel, der sich immer neue Herausforderungen stellen muss. Die Aufgaben der Landwirtschaft gehen heutzutage weit über die Produktion von gesunden, sicheren und ausreichenden Nahrungsmitteln hinaus. Landwirtschaft ist ein entscheidender Katalysator für die wirtschaftliche Entwicklung in ländlichen Gebieten. Landwirte sind verantwortlich für den Erhalt von Kulturlandschaften, die für den Tourismus wichtig sind, und sie leistet einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz.

All dies geschieht vor dem Hintergrund von immer höheren Erwartungen der Bevölkerung an Nahrungsmittelsicherheit und -qualität und im Kontext eines sich immer weiter öffnenden Weltmarktes. Europas Landwirtschaft profitiert vom Welthandel und die Erschließung neuer Märkte ist wichtig für die Zukunft des Sektors.

Europäische Agrarprodukte sind weltweit gefragt und mir ist es ein Anliegen, dieses Potential weiter für unsere Landwirte auszubauen. Daher bin ich in den letzten Jahren in Begleitung von Handelsdelegationen unter anderem nach Mexiko, Kolumbien, China, Japan, Vietnam, Indonesien und Kanada gereist, um europäische Agrarprodukte in der Welt noch bekannter zu machen. Freihandelsabkommen helfen uns, diesen Weg zu beschreiten.

Landwirte sind Unternehmer und können und müssen sich entsprechend der Nachfrage ausrichten. Aber Landwirte leisten so viel mehr. Ohne Landwirte können und werden wir unsere ambitionierten Klimaschutz- und Energieziele nicht erreichen können. Der Schutz unserer Umwelt und unserer Kulturlandschaft hängt an den Landwirten ebenso wie die Erhaltung von attraktiven ländlichen Räumen. Wenn Landwirte all diese Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen, bedürfen sie unserer Unterstützung.

Weniger Dünger, Pestizide, Schadstoffausstoß

Die Agrarpolitik muss den Sektor unterstützen aber auch fordern und leiten, hin zu einer notwendigen Modernisierung und Effizienzsteigerung in der Produktion.

Letzten Monat konnte ich bei Besuchen in Kaiserslautern und Harsewinkel, die beeindruckenden Neuerungen im Bereich der Präzisionslandwirtschaft bei den Firmen Claas und John Deere besichtigen. Diese können uns helfen mehr mit weniger zu produzieren – weniger Dünger, weniger Pestizide und weniger Schadstoffausstoß bei höherem Ertrag.

Landwirte müssen sich Gedanken machen über intelligente Vermarktungsstrategien und innovative Produktionsformen. Kooperation von Landwirten als auch ständige Aus- und Weiterbildung des Sektors sind nötig, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.

Mit dem anstehenden Brexit, sind die Fragen zur Zukunft der Europäischen Union, zur zukünftigen Finanzierung der EU und damit auch zur Zukunft der gemeinsamen Agrarpolitik neu entfacht. Haushaltskommissar EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hat deutlich gemacht, dass infolge des Brexit in der kommenden Finanzierungsperiode ab 2021 zehn bis elf Milliarden Euro im EU-Haushalt fehlen werden. Diese Lücke wird zum Teil durch Kürzungen geschlossen werden müssen, was auch die Gemeinsame Agrarpolitik betreffen kann.

Das heißt aber nicht, dass wir einfach das Geld streichen ohne Sinn und Verstand. Wir haben eine gute funktionierende Politik, die allerdings moderner und einfacher werden muss. Daran arbeite ich zurzeit mit Hochdruck, um die Agrarpolitik zu einer wirklichen Zukunftspolitik zu machen.

Ich werde mich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einsetzen, dass die Gemeinsame Agrarpolitik auch in Zukunft die Europäische Landwirtschaft unterstützt und fördert. Denn ich weiß, dass unsere Bauern es verdient haben für ihre Leistungen entlohnt zu werden und weil unsere Landwirtschaft effektiver und effizienter werden muss.

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