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Flüchtlingskatastrophen "Erbärmlich, wie sich europäische Staaten verhalten"

Vor Südostasiens Küsten und im Mittelmeer treiben tausende Flüchtlinge, um politischer und wirtschaftlicher Instabilität in ihrer Heimat zu entkommen. Warum der Flüchtlingsstrom zunimmt, welche Rolle Deutschland zukommt.

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Flüchtlinge nach Europa Quelle: dpa Picture-Alliance

Der Fokus der öffentlichen Wahrnehmung in Europa liegt derzeit vor allem auf den Flüchtlingsdramen im Mittelmeer. Aber auch in Südostasien liegen Boote vor den Küsten von Indonesien und Myanmar. Das Tragische: Diese Länder betreiben eine rigorose Flüchtlingspolitik und lassen die Flüchtlinge, die in oft viel zu kleinen Schiffen auf Rettung warten, einfach auf dem offenen Meer treiben.

Myanmar ist nun zu humanitärer Hilfe bereit, ebenso wie die Philippinen und Indonesien. Das kann aber nur ein Anfang sein. Die Flüchtlings- und Asylpolitik muss sich sowohl in Südostasien als auch in Europa ändern – Deutschland könnte dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielen.

„Momentan gibt es keinerlei Indizien, dass der Zustrom an Flüchtlingen abnehmen wird, vor allem auch, weil Staaten wie Syrien, Irak und Eritrea mitnichten zur Ruhe kommen“, sagt Jan Schneider, Leiter des Forschungsbereichs beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration. Es werden wohl eher noch weitere Konfliktherde hinzukommen.

Über das Mittelmeer nach Europa: Zahlen zu Flüchtlingen

Weltweit sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks mehr als 57 Millionen Menschen auf der Flucht, vor allem aus Syrien, Eritrea und Afghanistan. 2014 kamen nach Angaben der Grenzschutzagentur Frontex allein knapp 67.000 Syrer nach Europa – aus einem Land, in dem Bürgerkrieg herrscht. Trotzdem hat die Bundesregierung im Frühjahr das Syrien-Programm auslaufen lassen, mit dem es für Bürgerkriegsflüchtlinge leichter war, nach Deutschland zu reisen.

Ein Lösungsvorschlag: „Die Bundesregierung könnte ganz konkret das Syrien-Programm wieder aufnehmen, indem jenen Syrern die Einreise gestattet wird, die bereits Verwandte in Deutschland haben“, sagt Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl. Sie kämen mit Schleusern und Schleppern ohnehin irgendwie in die Bundesrepublik, setzen sich so aber einer viel größeren Gefahr aus.

Aber: „In Hinblick auf die Syrien-Krise kann man in jedem Fall festhalten, dass Deutschland im Konzert der europäischen Staaten eine Vorreiter-Rolle gespielt hat. Das braucht es aber auch in den neuen Krisen“, sagt Schneider vom Sachverständigenrat.

Eine der neuen Krisen findet derzeit in Südostasien statt – und trifft vor allem die muslimische Minderheit der Rohingya aus Myanmar, die in ihrer Heimat verfolgt werden und die kein angrenzendes Land aufnehmen möchte: „Aus meiner Sicht sind es innenpolitische Gründe – man will von den eigenen Problemen ablenken und auch die Minderheiten im eigenen Land eher einschüchtern. Härte gegen ‚Flüchtlinge‘ kommen in den einzelnen Ländern bei der breiten Bevölkerung gut an”, erklärt Thomas Gambke, Mitglied des Bundestages und Vorsitzender der ASEAN-Parlamentariergruppe. Das sei ähnlich wie bei Stammtischparolen in Deutschland. „Den Menschen müssen in ihren Heimatländern Perspektiven eröffnet werden, vor allem, indem die wirtschaftliche und politische Situation verbessert wird”, sagt auch Ludger Pries, Soziologe an der Ruhr-Universität in Bochum. „Nachhaltiges Wachstum, Staatlichkeit und Rechtsstaatlichkeit sind entscheidend.”

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