Flüchtlingskrise Was Österreichs Grenzkontrollen für Südtirol bedeuten

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Schleuser könnten Stau am Brenner nutzen

Zurzeit ist Südtirols oberster Spediteur oft in Brüssel. Bei den EU-Behörden warnt er vor den Folgen von Grenzschließungen. Morandell beschäftigt seine Fahrer zu italienischen Konditionen; mit Verträgen, bei denen Fahrer über Firmen in Bulgarien oder Rumänien angemeldet sind, will er nichts zu tun haben. Etwa 240 Euro kostet ein italienischer Fahrer am Tag.

Jeder Tag Wartezeit hinterlässt darum tiefe Spuren in den Bilanzen der Spediteure. Die höheren Kosten werden die Transportunternehmer vermutlich an ihre Kunden weitergeben. Und diese dürften in der Folge die Preise für ihre Produkte erhöhen – eine Kettenreaktion.

Dazu kommt: Stauen sich die Lkw am Brenner, ist es für Flüchtlinge leichter, auf die Trucks Richtung Norden aufzuspringen. Schon jetzt versuchen Flüchtlinge immer wieder, sich in Anhängern und hinter Zugmaschinen zu verstecken, um nach Österreich zu gelangen. Schleuser bauen beispielsweise nachts an den hinteren Türen der Lkw-Aufbauten die kompletten Gestänge der Türen ab. So bringen sie Flüchtlinge in die Auflieger, ohne die Plomben zu verletzen.

Manchmal verstecken sich Flüchtlinge auch in den Achsräumen – nicht selten eine tödliche Falle. Morandell kann von grausigen Szenen berichten, bei denen Flüchtlinge von den Achsen auf die Straße gefallen sind und anschließend überrollt wurden.

"Ein Land wie Italien kann seine Grenzen nicht alleine sichern"

Der Waltherplatz im Zentrum der Südtiroler Landeshauptstadt Bozen ist einer der malerischsten Orte der Region. An einem sonnigen Aprilnachmittag spielt eine Band, auf dem Kopfsteinpflaster wird getanzt. Über den Platz geht der Blick aufs Café Mozart und ein kleines Geschäft mit Sacher-Torten in den Auslagen. Daneben haben Verkäufer ihre Marktstände aufgebaut. Sie preisen Oliven, Salami und Käse an. Auf dem Waltherplatz lässt sich exemplarisch die Vermischung der österreichischen und italienischen Kultur besichtigen.

Was Flüchtlinge dürfen

„Eine Schließung des Brenner wäre auch psychologisch schwierig“, sagt Schanung, der Geschäftsführer des Fliesenherstellers aus Sterzing. Traditionell fühle man sich Österreich zugehörig. Südtirol wurde erst nach dem Ersten Weltkrieg Italien zugeschlagen. „Eine neue Trennung von Österreich täte weh“, sagt Schanung. Andererseits versteht der Unternehmer die Sorgen der Österreicher. „Man kann das nicht einfach so laufen lassen“, sagt er mit Blick auf die Flüchtlingsströme, „zumal ein Land wie Italien seine Grenzen nicht alleine sichern kann.“

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