
Frankreichs Premierminister Manuel Valls hat nach eigenen Angaben festgestellt, dass Europa nicht mehr so viele Migranten aufnehmen kann – aber keinen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus dem Nahen Osten gefordert.
Valls Büros gab am Mittwoch eine am Vortag von dem Regierungschef vor ausländischen Journalisten getroffene Aussage wie folgt wieder: „Europa muss sagen, dass es nicht mehr so viele Migranten aufnehmen kann, das ist nicht möglich.“ Damit widersprach das Büro einem Bericht der „Süddeutsche Zeitung“, die Valls mit dem Satz zitiert hatte: „Wir können nicht noch mehr Flüchtlinge in Europa aufnehmen - das ist nicht möglich.“ Auch andere europäische Zeitungen, die an dem Treffen mit Valls teilgenommen hatten, hatten die Aussage in diesem Sinne wiedergegeben.
Valls hatte weiterhin gesagt, dass Europa mit Syriens Nachbarstaaten Türkei, Libanon und Jordanien Lösungen finden müsse, dort mehr Flüchtlinge aufzunehmen und zu erfassen, statt weiterhin Tausende von Migranten unkontrolliert nach Europa zu lassen. „Sonst stellt Europa seine Fähigkeit in Frage, seine Grenzen wirksam zu kontrollieren.“
Frankreich und der Terror
Am französischen Nationalfeiertag am 14. Juli rast in der Hafenstadt Nizza ein Attentäter mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge. Mindestens 84 Menschen werden getötet, mehr als 200 verletzt.
Am 26. Juli haben in Saint-Étienne-du-Rouvray in der Normandie zwei Geiselnehmer einen Priester getötet, ein weiteres Opfer schwebt in Lebensgefahr. Die mutmaßlichen Täter wurden getötet. Der IS reklamierte die Tat über sein Sprachrohr Amak für sich.
Ein Mann ersticht in Magnanville westlich von Paris einen Polizisten und dessen Lebensgefährtin. Die Polizei erschießt den Täter, der sich zuvor zum IS bekannt hatte.
Am Jahrestag der Anschläge auf „Charlie Hebdo“ schießen Polizisten vor einem Pariser Kommissariat einen Mann nieder. Er war mit einem Messer bewaffnet und trug die Attrappe einer Sprengstoffweste.
Bei einer koordinierten Anschlagsserie in Paris töten IS-Extremisten 130 Menschen. In der Konzerthalle „Bataclan“ richten sie ein Massaker an, Bars und Restaurants werden beschossen, am Stade de France sprengen sich während des Fußball-Länderspiels Frankreich-Deutschland drei Selbstmordattentäter in die Luft.
Ein 25-jähriger Islamist wird im Thalys-Schnellzug auf dem Weg von Brüssel nach Paris bei einem Anschlagversuch mit einem Schnellfeuergewehr von Fahrgästen überwältigt. Zwei Zuginsassen werden verletzt.
Bei einem Anschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ in Paris werden zwölf Menschen ermordet. Die beiden islamistischen Attentäter Chérif und Said Kouachi kommen zwei Tage später bei einer Polizeiaktion nordöstlich von Paris um. Der Islamist Amedy Coulibaly, der die Brüder Kouachi kannte, erschießt bei Paris eine Polizistin und nimmt mehrere Geiseln in einem jüdischen Supermarkt. Er tötet dort vier Menschen, bevor er von der Polizei erschossen wird.
Die Gruppe Jund al-Khilafa („Soldaten des Kalifats“), ein Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat, enthauptet einen in Algerien entführten französischen Touristen.
In Mali werden zwei Mitarbeiter von Radio France Internationale (RFI) entführt und ermordet. Die Terrororganisation Al-Kaida im islamischen Maghreb bekennt sich zur Tat. Zuvor hatte sich die Gruppe dazu bekannt, eine andere französische Geisel getötet zu haben.
Ein Serien-Attentäter erschießt sieben Menschen, darunter drei Kinder und einen Lehrer einer jüdischen Schule. Er wird nach rund 32-stündiger Polizeibelagerung seiner Wohnung erschossen. Zuvor hatte er sich als Al-Kaida-Anhänger bezeichnet.
Vor der Küste Jemens rammt ein mit Sprengstoff beladenes Boot den französischen Tanker „Limburg“. Ein Matrose kommt ums Leben. Al-Kaida bekennt sich zu dem Anschlag.
Bei einem Anschlag mit einer Gasflaschen-Bombe im Pariser S-Bahnhof Port Royal kommen vier Menschen ums Leben. Bereits 1995 waren bei einer Serie von Terroranschlägen, die islamischen Fundamentalisten aus Algerien zugeschrieben werden, in Frankreich insgesamt acht Menschen getötet worden.
Bei einem Absturz eines französischen Flugzeugs in Folge einer Bombenexplosion an Bord über dem afrikanischen Staat Niger sterben 170 Menschen. Ein französisches Gericht verurteilt sechs Libyer in Abwesenheit zu lebenslanger Haft, unter ihnen einen Schwager des damaligen libyschen Staatschefs Muammar el Gaddafi.
Valls hatte bereits vor der Pariser Terrorserie eine europaweite Strategie für den Umgang mit Migration und Flüchtlingen angemahnt. Bei den Anschlägen in der französischen Hauptstadt wurden am 13. November mindestens 130 Menschen getötet. In der Nähe eines Selbstmordattentäters fand sich ein syrischer Pass auf den Namen Ahmed al-Mohammed - allerdings gibt es Zweifel, ob dies die echte Identität des Terroristen ist. Ein Mann dieses Namens war am 3. Oktober bei der Einreise in Griechenland registriert worden; ebenso wie ein weiterer Täter, der einen syrischen Pass mit den Namen Mohammad al-Mahmod vorgelegt hatte.
Oettinger: deutsches Asylrecht mitverantwortlich für Flüchtlingskrise
EU-Kommissar Günter Oettinger macht indessen das deutsche Asylrecht mitverantwortlich für die Flüchtlingskrise. „Das deutsche Asylrecht wirkt wie ein Magnet auf die Flüchtlinge“, sagte er dem „Handelsblatt“ (Mittwoch). Dauerhaft lasse sich die Zuwanderung nach Deutschland nur drosseln, wenn es weniger Anreize gebe. „Eine Änderung des Grundgesetzes wäre geboten, um das Asylrecht neu zu ordnen“, sagte Oettinger. „Solange dies nicht angegangen wird, bleibt eigentlich nur eine Alternative: Milliardenhilfen für die Flüchtlingslager in der Türkei und anderen Staaten.“
Die Europäische Union kann sich laut Oettinger „an der Finanzierung nur begrenzt beteiligen“. Der Haushalt lasse keinen großen Spielraum Um die Migration nach Europa besser zu steuern, empfahl der für digitale Wirtschaft zuständige EU-Kommissar eine bessere Sicherung der Außengrenzen. „Wir brauchen eine leistungsfähige Grenzschutzbehörde in Europa“, sagte er. „Notwendig wären statt 500 Grenzbeamten 5000.“