Steuergelder für eine Rennstrecke – das geht also gar nicht. Man sei aber bereits mit mehreren möglichen Investoren im Gespräch, sagte Papatheodorou Handelsblatt Online. Die Verhandlungen befänden sich in einem fortgeschrittenen Stadium und es gebe „sehr gute Aussichten, innerhalb des nächsten Monats zu einer Einigung zu kommen“.
Pläne für eine griechische Grand-Prix-Piste gab es bereits in den 1950er Jahren. Neben Fußball und Basketball gehört der Motorsport zu den großen Leidenschaften der Griechen – vielleicht gerade weil die Massenmotorisierung erst in den 1970er Jahren einsetzte und sich die meisten Griechen lange kein eigenes Auto leisten konnten.
Wenn man schon nicht selbst am Steuer sitzen kann, will man wenigstens zusehen: Die Geschichte der Rally Akropolis geht zurück bis ins Jahr 1951. Noch 1963 gab es Griechenland erst 68.000 PKW. 1976 waren es bereits 510.000 - heute sind es übrigens fünf Millionen. Damit hat statistisch fast jeder zweite Grieche ein Auto.
Rund ein Dutzend Standorte waren über die Jahrzehnte für einen Formel-1-Kurs im Gespräch, darunter Serres und Thessaloniki im Norden des Landes, Patras im Westen, die Provinz Böotien und Megara in Attika. Keines der Projekte kam aus den Startlöchern. Aber noch nie waren die Pläne so detailliert und so weit fortgeschritten wie jetzt, und erstmals ist nun nicht nur Formel-1-Chef Ecclestone eingebunden. Auch die Politik zieht mit: Ministerpräsident Antonis Samaras unterstützt das Projekt, so ein Schreiben des Premiers an den Bürgermeister von Drapetsona vom 9. April 2014.
Für die kleine Vorstadtgemeinde wäre die Rennstrecke eine Riesenchance. Drapetsona ist eine Krisen-Kommune: Die Arbeitslosenquote liegt bei gefühlten 50 Prozent. Jeder zehnte Einwohner geht zu den Armenspeisungen. Dabei schlug in den 1930er Jahren in Drapetsona das industrielle Herz der Region. Heute ist von der einstigen Blüte nicht viel übrig: Die Ruinen eines Düngemittelwerkes, die Reste einer Zementfabrik und eines Mühlenbetriebs. Der Schlot eines längst stillgelegten Kraftwerks ragt in den Himmel, riesige Öltanks rosten vor sich hin.
Doch diese verfallenen Industriebauten könnten eine großartige Kulisse hergeben für die geplante Rennstrecke, glaubt Architekt Papatheodorou. Er denkt an ein Technikmuseum, Sportanlagen, einen Freizeitpark und Kongresshallen, um den Komplex das ganze Jahr über nutzen zu können – der wichtigste Schlüssel für die Rentabilität des Projekts. Als einen weiteren Standortvorteil sieht er die unmittelbare Nachbarschaft zum Hafen von Piräus, wo im Sommer täglich mehrere Kreuzfahrtschiffe festmachen, und die Nähe zu Athen, das ab 2017 dank einer neuen U-Bahn-Linie nur noch 20 Minuten von Piräus entfernt sein wird.