




Nicht Griechenland, Spanien oder Italien – der größte Problemfall in der Eurozone ist Frankreich. Die Wirtschaft des Landes befindet sich im freien Fall, die Deindustrialisierung beschleunigt sich. Laut einer Studie des Informationsdienstes Trendeo machten in Frankreich im vergangenen Jahr 266 Fabriken dicht - 42 Prozent mehr als 2011. In den vergangenen drei Jahren gingen 120.000 Industriearbeitsplätze verloren.
Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung nimmt kontinuierlich ab, seit der Jahrtausendwende von 18 Prozent auf zuletzt 12,5 Prozent. Damit belegt Frankreich Platz 15 unter den 17 Euro-Ländern, weit abgeschlagen hinter Deutschland, aber auch weit hinter Italien. Im neuen Jahr hat sich der Negativtrend noch verschärft. Im Januar brachen Industrieproduktion und Auftragseingänge mit den höchsten monatlichenn Rate seit der Finanzkrise 2008/2009 ein.
Von den Entlassungswellen bedroht fühlt sich inzwischen auch die sozialistische Regierung in Paris. Innenminister Manuel Valls lässt aus Angst vor einer weiteren Radikalisierung bereits militante Arbeiter und Gewerkschafter durch Spezialeinheiten der Polizei observieren. In Frankreich drohen soziale Unruhen und ein langer Generalstreik.
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone steuert ungebremst in eine Schuldenkrise. Die schrumpfende Privatwirtschaft kann die Ausgaben für den aufgeblähten Staatsapparat und die Schuldenlast nicht mehr tragen. Mit 56 Prozent hat Frankreich die höchste Staatsquote in der Eurozone. Die Staatsschuldenquote erreicht 97 Prozent der Wirtschaftsleistung und liegt damit noch höher als in Spanien. Glaubt man Jacques Attali, dem langjährigen Berater des ehemaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterrand, dann ist jede dritte französische Kommune pleite.
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Der Immobilienmarkt wird zum nächsten großen Problem. Selbst die bisher weitgehend krisenresistenten Marktsegmente brechen inzwischen ein. So verzeichnete der Markt für über zwei Millionen Euro teure Apartments in Paris im vergangenen Jahr einen Verkaufsrückgang um 42 Prozent. Wie in Spanien zeichnet sich auch In Frankreich ein vom Immobilienmarkt ausgehender Einbruch des privaten Konsums und eine Bankenkrise ab.
Der Crédit Agricole (CA) ist nur eine von mehreren Zeitbomben im französischen Bankensystem. Anfang Februar kündigte CA einen Abschreiber von 3,8 Milliarden Euro auf immaterielle Firmenwerte (Goodwill) an. Bereits 2012 musste die drittgrößte französische Bank 2,5 Milliarden Euro abschreiben, als sie ihren Anteil an der griechischen Emporiki Bank für symbolisch einen Euro loswerden wollte. Sehr wahrscheinlich drohen CA weitere Abschreibungen in Milliardenhöhe.
In der Bilanz stecken noch 14 Milliarden Euro an immateriellen Firmenwerten. Allein der CA könnte einen Großteil der 80 Milliarden Euro verschlingen, die nach Vorstellungen der Eurogruppe aus dem Euro-Rettungsfonds ESM für die Rekapitalisierung von Pleitebanken zur Verfügung gestellt werden sollen.