




Nicht nur die Europäer sondern auch viele Franzosen fragten sich vor der Wahl von François Hollande: Was will dieser Mann eigentlich? Einerseits versprach er riesige Ausgabenprogramme – um 60.000 neue Lehrer einzustellen, zum Beispiel. Andererseits schickte Hollande seine Finanzexpertin Karine Berger in die Geldinstitute von London und Frankfurt, die ihn dort als eisernen Sparer präsentierte. Zudem wetterte Hollande gegen Merkel und pries gleichzeitig die deutsch-französische Partnerschaft. Dann kündigte er den Afghanistan-Abzug der französischen Truppen für dieses Jahr an. Ohne zu zögern versicherte er aber, Frankreich bleibe ein Garant für Freiheit in der Welt.
Ja, was denn nun?
Kein konkreter Kurs
Nach den ersten zwei Amtswochen von François Hollande als Präsident gibt es zwei widersprüchliche Antworten auf diese Frage. Die erste lautet: Hollande löst einige seiner Wahlversprechen, vor allem außenpolitisch, tatsächlich ein. Die zweite Antwort ist: Vor den Parlamentswahlen am 10. und 17. Juni will sich Hollande innenpolitisch noch nicht auf einen Kurs festlegen. Vor allem die Wirtschaftspolitik betreffend sind die Beobachter deshalb nicht schlauer als zuvor. Dass Hollande dennoch nicht als der „Wackelpudding-Präsident“ erscheint, den Kritiker vor seinem Sieg in ihm sahen, begründet wiederum die erste Antwort.
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Bestimmend für den Eindruck, den Hollandes erste Amtswochen hinterlassen, ist vor allem sein entschiedenes Auftreten gegenüber Angela Merkel. „Der Sparkurs ist kein Schicksal“, hatte Hollande im Wahlkampf versprochen. Gesagt, getan: Hollandes Lieblingsthema Wachstum ist mittlerweile Tischgespräch in Brüssel. Auch über die von den Deutschen ungeliebten Gemeinschaftsanleihen, aka Eurobonds, diskutieren die EU-Staatenlenker inzwischen. Hinzu kommt das Veto der Franzosen gegen die Berufung von Finanzminister Wolfgang Schäuble zum Chef der Eurogruppe und damit zum Koordinator der europäischen Wirtschaftspolitik.
Hollande wettert gegen Merkel
Die ersten Punkte im Ringen mit den Deutschen um den Einfluss in Europa gehen eindeutig an Hollande.
Sicher, die lauten Töne gehören im europäischen Konzert seit jeher dazu, wenn es darum geht, das Terrain vor den notwendigen Kompromissen abzustecken. Wer für das Maximum trommelt, erhält mehr als ein Leisetreter.





Aber Hollandes Band spielt nicht nur laut, sondern zuweilen auch schrill. So wetterte der französische Präsident vergangenen Mittwoch im Kreise seiner Minister gegen den „Egoismus“ der deutschen Kanzlerin. Laut der für gewöhnlich gut informierten Wochenzeitung „Le Canard enchaine“ sagte Hollande: „Angela Merkel will das Wachstum Deutschlands nicht mit dem Rest Europas teilen. Merkels Politik ist der Geburtshelfer für den Populismus in Europa. Das zeigt der Erfolg der Lega Nord in Italien und der Neonazi-Partei in Griechenland.“
Deutsche Politik als Geburtshelfer für Neofaschisten – schwerere argumentative Geschütze lassen sich in Richtung östliche Rheinseite kaum auffahren.