Frankreich Verletzte bei Schüssen an französischer Schule

Panik in der Hauptstadt des Parfüms: Ein Schüler schießt mit einem Gewehr um sich. Frankreich ist nach einer Terrorserie zwar im Ausnahmezustand, doch Schüsse an Schulen sind äußerst ungewöhnlich.

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Bei Schüssen in einem Gymnasium in Südfrankreich sind mehrere Menschen verletzt worden. Quelle: dpa

Kurz vor 13.00 Uhr fallen Schüsse. Thomas, ein 17 Jahre alter Schüler, blickt aus dem Klassenfenster. Er sieht einen Jugendlichen, der auf dem Schulhof auf den Direktor zielt, berichtet Thomas später der Regionalzeitung „Nice Matin“. Später schallen Schreie: „Ein Verrückter schießt auf Leute“, erzählt ein anderer Augenzeuge. Schüler flüchten, es kommt zur Panik.

Die Polizei sei sehr schnell gekommen, um den Angreifer im Lycée Tocqueville im südfranzösischen Grasse festzunehmen, sagt Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem. Die energische Ressortchefin aus Paris spricht von einer „irren Tat“ eines fragilen jungen Mannes, der von Schusswaffen fasziniert sei. „Das Schlimmste ist uns gespart geblieben“, lautet ihre Bilanz.

Nach einer beispiellosen Terrorserie in Frankreich mit mehr als 230 Toten bleibt es nicht aus, dass sehr schnell über ein mögliches Attentat spekuliert wird. Grasse liegt nur rund 40 Kilometer von Nizza entfernt, wo ein Gewalttäter im Juli vergangenen Jahres 86 Menschen mit seinem Lastwagen in den Tod gerissen hatte. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte diese Tat für sich.

Doch Staatsanwältin Fabienne Atzori will nichts von der Terror-Theorie wissen, es gebe keinen terroristischen Hintergrund, meint die Juristin. Ein mögliches Motiv: Der 17-Jährige habe schlechte Beziehungen zu Mitschülern gehabt.

Mindestens vier Menschen verletzt der Angreifer, unter ihnen der Schulleiter, der sich ihm in heroischer Weise entgegengestellt hat. Weitere Schüler müssen behandelt werden, unter anderem wegen Schockzuständen. Der junge Mann, der mit einer Schrotflinte und mehreren Handfeuerwaffen ins Gymnasium kam, war den Behörden offensichtlich unbekannt. „Ich kenne die Familie des Jungen“, meint Bürgermeister Jerôme Viaud.

Wie ist das möglich? Überall in Frankreich fragen sich Menschen, wie der Schüler in die Oberschule gelangen konnte. Denn angesichts des terrorbedingten Ausnahmezustandes gelten in öffentlichen Gebäuden - dazu gehören auch Schulen - verschärfte Sicherheitsregeln. Der Ausnahmezustand im Land wurde bis Mitte Juli verlängert. Der Schritt sei völlig gerechtfertigt, sagt Staatspräsident François Hollande mit ernster Mine.

Schnell wird der Ruf nach Konsequenzen laut. Der aus Südfrankreich stammende konservative Abgeordnete Eric Ciotti macht sich für Sicherheitsschleusen stark. Der Präsident der Region Provence-Alpes-Côte-d'Azur, Christian Estrosi, spricht von einer benötigten „Filterung“ an den Eingängen von Schulen.

Die Wogen in der Politik schlagen schnell hoch, denn in knapp fünf Wochen wird eine neuer Präsident gewählt. Der sozialistische Kandidat Benoît Hamon geißelt angesichts des Dramas eine „kranke Gesellschaft“ in seinem Land.

Vor fünf Jahren hatte der Attentäter Mohamed Merah bei einer Mordserie sieben Menschen getötet, unter ihnen drei Kinder und ein Lehrer einer jüdischen Schule. Schießende Schüler sind im Land jedoch eine Seltenheit. In Frankreich wurde bei dem Thema bisher häufig auf die USA verwiesen, wo es mehrfach zu Amokläufen in Bildungseinrichtungen kam. Jetzt traf es das Land selbst.

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