Frankreich vor der Wahl Macron und Le Pen zeigen den Konflikt der Gegenwart

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Macron als Erbe der alten Parteien

Dieser Gegensatz ist in Frankreich noch deutlicher als in Deutschland durch den Niedergang der beiden großen alten Parteien gekennzeichnet. Beide stehen mehr oder weniger deutlich auf derselben Seite dieser neuen Konfliktlinie, aber da sie als Exponenten des alten Links-Rechts-Schemas erscheinen, wirken sie verbraucht und verlieren auch für Befürworter der Globalisierung an Anziehungskraft. Auf der Gegenseite steht so gut wie unangefochten allein Marine Le Pen mit ihrer Front National.

Als zeitgemäßer, attraktiver Ersatz für Sozialisten und Gaullisten ist in Frankreich nun Emmanuel Macron zum Exponenten derer geworden, die die Globalisierung weiterhin als Gewinn oder Chance betrachten. Der noch nicht einmal 40-Jährige will mit seiner Bewegung "En Marche!" („Vorwärts!“) das Erbe der beiden alten Parteien antreten.

Macron ist die fleischgewordene Erfüllung der Vorstellungen, für die er steht: globalisierte Wirtschaft, ökonomisierte Gesellschaft. Man könnte ihn einen Populisten des Establishments nennen. Sein eigener kometenhafter Werdegang personifiziert wohl all die Hoffnungen, die die vielen und erstaunlich jungen Anhänger seiner Bewegung vermutlich mit der Globalisierung verbinden. Der Ärztesohn aus Amiens ist Absolvent der Elite-Hochschule ENA, war Investment-Banker und machte in Hollandes Beraterstab solchen Eindruck, dass der ihn 2014 zum Wirtschaftsminister erhob – als Nachfolger des linken Überzeugungstäters Arnaud Montebourg.

Macron war nie in der Sozialistischen Partei. Für alte, linke oder rechte Vorstellungen ist in seiner Politik kein Platz. Sie wären nur Ballast. Seit er im Frühjahr 2016 seine Bewegung gegründet hat, macht er das immer wieder deutlich, beruft sich auf den Sozialisten Mitterand ebenso wie auf den gaullistischen Ex-Präsidenten Jacques Chirac und nicht zuletzt auf das Original selbst, auf den „General“ - Charles de Gaulle. Macron hat für fast jeden etwas zu bieten, der sich auf der Gewinnerseite fühlt.

Der Revolutionär aus der Investmentbank
Emmanuel Macron zögerte lange, ehe er seine Präsidentschaftskandidatur verkündete. Quelle: REUTERS
Der amtierende französische Präsident Emmanuel Macron war zuvor bereits Wirtschaftsminister und Investmentbanker bei Rothschild & Cie. Quelle: AP
Wie andere Kandidaten für das höchste Staatsamt kritisierte auch Emmanuel Macron im Wahlkampf lautstark die politischen Eliten Quelle: dpa
Der ehemalige sozialistische Staatspräsident François Hollande und Emmanuel Macron vor dem Elysee-Palast. Quelle: REUTERS
Im Kabinett galt Emmanuel Macron als einer der beliebtesten Politiker, trat im August 2016 allerdings als Minister zurück. Quelle: REUTERS
Seit 2007 ist Emmanuel Macron mit seiner Frau Brigitte verheiratet. Quelle: REUTERS
Am 14. Mai 2017 wurde Emmanuel Macron ins Amt eingeführt. Quelle: REUTERS

Fast gleichzeitig mit Marine Le Pen und in derselben Stadt – Lyon - eröffnete Macron am vergangenen Wochenende den Wahlkampf. Die noch vagen Ankündigungen, die er in Ermangelung eines Wahlprogramms machte, entsprechen einem Fitnessprogramm für die globalisierte Wirtschaft, mit der er die Franzosen „versöhnen“ will. Immer wieder taucht das Adjektiv „effizient“ in seiner Rede auf. Macron spricht Sätze, die an Manager-Coachings erinnern oder an Investoren-Roadshows.

Macron, das wird deutlich, will die Ehrgeizigen erreichen, diejenigen, die innerhalb des Systems erfolgreich sind oder es werden wollen. Neben wirtschaftsliberalen Botschaften kommen bei ihm aber auch die sozialdemokratischen nicht zu kurz. Macron erzählt Aufsteigergeschichten, von dem aus kleinen Verhältnissen stammenden beliebten Parlamentspräsidenten Philippe Seguin und von einer gewissen Lynda, einem muslimischen Einwandererkind, die ihm einen Brief geschrieben habe und nun Notarin geworden sei. Seine Botschaft ist eine des Optimismus: „Die Lust auf Zukunft“ –„Das Beste liegt noch vor uns.“

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